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Armenien ist ein reizvolles Land – nicht nur zum Reisen. Tief geprägt vom türkischen Genozid und einem drohenden Krieg mit Aserbaidschan über die Bergkarabach-Region haben es die Armenier seit jeher schwer, friedlich in ihrem Heimatland zu leben. Als erste christliche Nation der Welt – mit stetem Blick auf den heiligen Berg Ararat (wo die Arche Noah der Legende nach strandete) – waren sie dabei stets von nicht sehr wohlwollenden muslimischen Herrschern umringt.

Vielen Armeniern geht es wie den Juden vor der Gründung Israels. Sie leben in der Diaspora (weltweit, aber vor allem USA, Russland, Frankreich) und gehören dort oft zu den wohlhabendsten und erfolgreichsten nicht einheimischen Ethnien. Von knapp 11 Millionen Armeniern weltweit leben jedoch gerade einmal 3 Millionen in Armenien. Ihr Heimatland gilt dabei neben Kuba als eines der ärmsten Länder der Welt relativ zum Bildungsstand der Bevölkerung.

 

Die Wirtschaft in Armenien ist auf Wachstumskurs

Doch dies beginnt sich zu ändern.

Armenien ist trotz vieler bleibender Probleme auf Wachstums-Kurs.

Während ein Ende des Bergkarabach-Konfliktes nicht in Sicht ist, entspannen sich die Beziehungen zur Türkei, die langsam aber sicher den Völkermord an den Armenien anzuerkennen scheint. Die offenen Grenzen zum nördlich gelegenen Georgien und südlich gelegenem Iran, beide mit einer großen Gemeinschaft an Armeniern, werden immer geschäftiger. Die guten Beziehungen zu Russland lassen selbst die im zerklüfteten Bergland lange brachliegende Landwirtschaft blühen. Der russische Import-Boykott von Früchten aus der EU lässt Armenien gewinnen, das nun weitgehend konkurrenzlos Früchte nach Russland exportieren kann – wenn auch die nötige Route durch Georgien, das sich mit Russland nicht gerade gut versteht, die Sache etwas verkompliziert.

Doch viel spannender ist es zu beobachten, dass einiges im Bereich der Informationstechnologie geschieht. Um Näheres über die Wirtschaft in Armenien und Deine Geschäfts- und Investment-Chancen dort zu erfahren, habe ich meinen Bekannten Raffi für Dich interviewt und seine Antworten übersetzt. Raffi stammt aus der Diaspora in Kanada, hat aber die Chancen in Land seiner Vorfahren erkannt und gründete ein erfolgreiches IT-Unternehmen in Yerevan. Im Folgenden gewährt er uns spannende Einblicke in Deine Chancen in Armenien:

Auf diesem Bild ist eine geographische Darstellung von Armenien und die umliegenden Länder zu sehen

Ein Interview mit einem Unternehmer aus Yerevan

1. Raffi, seit wann lebst Du in Armenien und was machst Du dort? Warum hast Du Dich entschieden aus Kanada nach Armenien zurückzukehren, während viele junge Armenier auszuwandern versuchen?

Ich lebe in Armenien seit nun 4 Jahren. Ich bin mit einer örtlichen Armenierin verheiratet und besitze ein Technologie-Startup hier in Yerevan. Viele junge Armenier versuchen auszuwandern, weil sie nicht das nötige Handwerkszeug haben um die Probleme in ihrem Land anzupacken. Ihnen mangelt die Bildung und Lebenserfahrung dazu. Hinzu kommt, dass viele verbittert über die vielen Post-Soviet-Apparatschiks auf wichtigen Regierungsposten sind. Diese haben es versäumt, das Land schnell und effektiv genug zu modernisieren um Chancen für die Karriere-Ziele junger Leute und ein freies Leben in Armenien herzustellen.

Dank meiner Bildung in Kanada und Fähigkeiten, die es mir erlauben Chancen dort zu sehen, wo andere ein Debakel sehen, ist Armenien als neues Land, wo viel getan werden muss, ein guter Anfang für mich. So finde ich Armeniens relativ freies Wirtschaftsumfeld (laut Heritage Foundation einfachster Ort in Europa um ein Unternehmen zu registrieren) sehr anziehend.

Statt mit meiner Ausbildung als Politischer Analyst einem langweiligen Büro-Job in einem Think-Tank in Kanada frönen zu müssen, kann ich hier in Armenien alles umsetzen was ich mir vorstelle.

Weiterhin glaube ich an die Maxime: „Erfolg durch Widrigkeit“. Wegen Armeniens schwieriger wirtschaftlicher Lage, fehlenden Meeres-Zugang und kleiner Bevölkerung ist man gezwungen über ein einfaches Export-Geschäft nachzudenken. Da Armenien sehr viel IT-Talent besitzt (Armenien gilt als Land der Mathematiker und Schachspieler), schien mir ein Software-Unternehmen als perfekte Chance. Soweit ist es erfolgreich. Viele junge Leute, die das Land verlassen haben, beginnen dies ebenfalls zu verstehen und fangen an zurückzukehren

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2. Hat sich die Wirtschaft seit Deiner Ankunft verbessert? Was denkst über die Zukunft? Was sind die größten Herausforderungen?

In den frühen 90er Jahren nach dem Zerfall der Sowjetunion hatte unsere Hauptstadt Yerevan nur 30 Minuten Elektrizität und 1 Stunde Wasser am Tag.

Zwischen 1998 und 2008 gab es eine ganze Dekade von zweistelligem Wachstum (eines der größten in der Welt). Die wirtschaftliche Lage hat sich definitiv substantiell verbessert, doch die Wirtschaftskrise seit 2008 hat viele Schwächen im Land aufgezeigt.

Obwohl Armeniens Situation nicht schlecht ist, könnte es deutlich besser sein. Das Land kämpft immer noch mit den Folgeeffekten von 70 Jahren Zentralplanung, Bestechung, Korruption und Aufteilung großer Teile der Wirtschaft an mächtige Oligarchen. Allerdings ist der technologische Sektor eine Erfolgsgeschichte für das Land, auch weil dieser schwer für die Oligarchen zu kontrollieren ist.

Er wächst momentan bis zu 25% jährlich!

Ich habe einen positiven Ausblick auf die Zukunft, weil die Geschäftsmodelle der Oligarchen sich als nicht nachhaltig herausstellen und sie langsam, aber sicher an Einfluss verlieren. Armenien war schon immer eine Nation von Unternehmern, und die Menschen verbinden sich langsam wieder mit ihrer Vergangenheit.

Auf diesem Bild ist ein Graf zu erkennen, der das BIP von Armenien zeigt (Stark steigend)

3. Gibt es Geschäftsfelder in Armenien, die interessant für Investoren sind?

Definitiv. Armeniens schöne und unberührte Landschaften genauso wie seine traditionelle Architektur machen es zu einem exzellenten Ort für Öko-Tourismus.

Seine Geschichte als „Sillicon Valley“ der Sowjetunion und jüngste Erfolge von ausländischen Unternehmungen wie auch örtlichen Start-Ups bedeuten das Land ein exzellenter Ort zum Investieren in den IT-Sektor ist.

Armenier sind zudem bekannte Juweliere. Diese Tradition wurde kürzlich durch eine Regierungsentscheidung verstärkt, die eine steuerfreie Zone für Unternehmen im Juwelen-Geschäft einrichten will. Schließlich gilt es Armeniens exzellente Mediziner hervorzuheben, die zusammen mit modernen und sauberen Kliniken Armenien zum idealen Ziel für europäischen Medizin-Tourismus machen.

4. Wie leicht ist es ein Unternehmen in Armenien zu starten (sowohl als Armenier als auch Ausländer). Gibt es Felder mit speziellen Chancen?

Laut einem „Doing-Business“-Bericht rankt Armenien weltweit an 45ter Stelle ein Unternehmen zu führen, jedoch an 4ter Stelle ein Unternehmen zu gründen (Nr. 1 in Europa).

In der Tat ist es aus eigener Erfahrung sehr einfach ein Unternehmen in Armenien zu führen.

Armenien hat kürzlich ein Gesetz verabschiedet, dass es noch einfacher macht ein informationstechnologisches Start-Up zu gründen. Die bereits erwähnte Freizone für Juwelen hat ebenfalls viele Möglichkeiten eröffnet. Internationale Entwicklungshilfe-Organisationen preisen wiederholt Tourismus als Goldmine an (Minen sind übrigens ein weiteres gutes Investment), doch die Regierung hat es versäumt geeignete Infrastruktur zu schaffen. Das heißt, dass es viele Möglichkeiten mit Beherbungsbetrieben und im Öko-Tourismus gibt.

5. Wie steht Armenien im Vergleich mit anderen Ländern der Region da?

Ein Vergleich ist schwierig, weil sich jedes Land einzigartigen Herausforderungen gegenüber sieht. Armenien grenzt an zwei andere ehemalige Sowjet-Republiken, Georgien und Aserbaidschan. Georgien war das ärmste Land bis die Rosen-Revolution von 2003 seine Früchte brachte. Sein liberales Wirtschaftsumfeld, gekoppelt an seinen Meereszugang und seine Position als Transitland für Energie aus Aserbaidschan haben der Wirtschaft zu schnellen Wachstum geholfen. Aserbaidschan hingegen ist das reichste Land in der Region, aber zu 90% direkt oder indirekt vom Erdöl abhängig. Dies verschleiert die wahre Situation im Land. Zudem hat Aserbaidschan eine der notorischsten Post-Sowjet-Diktaturen.

Generell ist die Lage von Armenien verglichen zu anderen ehemaligen Staaten der Sowjet-Union gut.

Seine tiefen Verbindungen nach Westen und ein extrem hohes Level an Bildung haben das Land nach dem Kollaps der Sowjet-Union teilweise erholen lassen und eine Demokratie ermöglicht. Allerdings sagt ein Vergleich mit der ehemaligen UdSSR wenig aus.

6. Was muss Armenien tun um die wirtschaftlichen Bedingungen zu verbessern?

Politisch muss Armenien das Problem gerichtlicher Unbefangenheit angehen (niemand möchte in ein Land investieren, dessen Gerichte das Investment nicht garantieren können).

Zudem muss es erfolgreicher die Korruption bekämpfen und die engen Verbindungen zwischen Regierung und Oligarchen auflösen.

Physisch muss Armenien dringend ein effizienteres Logistik- und Transport-System entwickeln, das armenischen Gütern erlaubt ausländische Märkte zu erreichen. Dies kann man durch bessere Kontakte zu den Nachbarn und mehr Investment in das Verkehrsnetz erreichen.

7. Wie ist die generelle Einstellung im Land zu Kapitalismus und Unternehmertum?

Historisch gesehen sind Armenier geborene Unternehmer. Wegen seiner geografischen Lage am Scheideweg zwischen Europa und Asien wurde es unzählige Male erobert, was Landwirtschaft ein eher schwieriges Unterfangen machte. Dies zwang Armenier dazu die Sprachen ihrer vielen Besatzer zu lernen, Subsistenz-Landwirtschaft zugunsten von Unternehmungen aufzugeben und sich in großen Städten niederzulassen (großen armenischen Einfluss gibt es etwa in Istanbul, Baku, Tiflis und Yerevan).

Die Armenier bauten einer der größten Handelsnetzwerke der Welt auf, von Amsterdam bis Jakarta reichend. Armenier rund um die Welt sind bekannt für ihren Handel und ihre unternehmerischen Fähigkeiten.

Das moderne Armenien leidet immer noch von den Folgeeffekten des Kommunismus, weil die Händlerklasse als erste von den Sowjets ausgelöscht wurde. Jüngstes Investment und Beteiligung der verstreuten Diaspora als auch die Erforderungen der geopolitischen Situation Armeniens machen das Land jedoch zunehmend offener für unternehmerische Bestrebungen.

Kapitalismus als solcher war immer sehr präsent in der Armenischen Geschichte, mit vielen Intellektuellen wie Grigor Artsruni und Hagop Melik Hagopian als Befürwortern. Dieser Geist setzt sich bis heute mit einem Drang zu freien Märkten und Privatisierung fort.

8. Wenn Du ein Unternehmen gründen müsstest/Investment tätigen müsstest, was würdest Du machen?

Ich habe bereits ein Unternehmen in Armenien gegründet. Ich arbeite im IT-Bereich und Feldern des Medizin-Tourismus.

Ich denke, in Armenien sollte man eher in Einzelpersonen als in Unternehmen investieren.

Auf diesem Bild ist ein altes, armenisches Gebäude in Yerevan zu sehen

Yerevan, Armenia

Fazit: Armenien hat viele Herausforderungen zu bestehen, bietet aber auch gute Chancen

Vielen Dank an Raffi für diese ausgezeichneten Informationen. Wie man sieht, ist die Lage in Armenien besser als man denken könnte. Während viele die Zukunft des Landes eher pessimistisch sehen, gibt es junge, anpackende Leute, die ihr Land in die Zukunft führen. Vielleicht gehörst Du zu jenen, die diese Entwicklung unterstützen möchten?

Armenien bietet aufregende Möglichkeiten, die Du Dir am besten einmal persönlich anschauen solltest!

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