Als Selbstständiger, Freelancer oder Unternehmer kann es schon mal vorkommen, dass man auf das Geld von seinen Kunden vergeblich wartet. Doch was macht man, wenn der Kunde nicht zahlt?
Was tun, wenn der Kunde nicht zahlt?
Weder das eine Extreme, nichts tun, noch das Andere, in die Vollen gehen und rechtliche Schritte einleiten, ist hier ratsam. Zunächst sollte der Kontakt zum Kunden hergestellt und der Grund der ausbleibenden Zahlung erfragt werden. Dieser Schritt sollte als erstes gegangen werden, damit die Kundenbeziehung keinen Schaden davon trägt. Befindet sich der Kunde beispielsweise in einer vorübergehenden illiquiden Situation, da er selbst auf eine Zahlung wartet, so könnte diesem beispielsweise eine Ratenzahlung angeboten werden. Damit erhält man schrittweise sein Geld und zerstört die Kundenbeziehung nicht.
Die 3 Schritte beim Ausbleiben von Zahlungen
- Zahlungserinnerung
Was kommt alles in eine Zahlungserinnerung rein? Ein paar nett formulierte Sätze, die darauf hinweisen, dass sich der Kunde im Zahlungsverzug befindet und das Zahlungsziel überschritten ist, reichen hier bereits aus. Zudem sollte jedoch noch ein neues Zahlungsziel gesetzt werden. Die Zahlungserinnerung ist außerdem rechtlich mit der Mahnung gleichzustellen.
1. Mahnung
Wie bereits erwähnt, ist die Zahlungserinnerung mit der Mahnung gleichzusetzen. Sie ist also eine Zahlungsaufforderung eines Gläubigers (Rechnungssteller) an dessen Schuldner (Rechnungsempfänger; Kunde, der nicht zahlt). Damit eine Mahnung rechtskräftig ist muss sie die gleichen Mindestanforderungen wie eine Rechnung erfüllt haben. Die ist im § 14, Abs. 4 UStG (Umsatzsteuergesetz) geregelt. Zum Beispiel muss das Ausstellungsdatum angegeben sein. Des Weiteren können Verzugszinsen als auch Mahngebühren in Rechnung gestellt werden. Deutlich hervorzuheben ist, dass ein weiterer Verzug gerichtliche Folgen mit sich bringen wird. Dies sollte spätestens 4 Wochen nach Zahlungsausfall erfolgen.
2. Gerichtliches Mahnverfahren
Beim Mahnverfahren handelt es sich um ein gerichtlich vereinfachtes Verfahren. Damit ist es dem Gläubiger, also denjenigen, der die Rechnung stellt und sein Geld nicht erhält, möglichst schnell und kostengünstig einen für die Zwangsvollstreckung notwendigen Vollstreckungstitel zu ergattern. Dies, also die Schnelligkeit, die Einfachheit sowie der Preis sind die Vorteile des Mahnverfahrens gegenüber einer Klage. Es müssen nur wenige Formulare mit simplen Angaben, wie zum Forderungsbetrag oder dem Grund der Forderung, ausgefüllt werden. Zudem prüft das Gericht nicht, ob der behauptete Anspruch auch wirklich besteht. Beim Mahnverfahren handelt es sich um ein zweistufiges Verfahren. Der Mahnbescheid ist die erste Stufe. Gegen diesen kann die Gegenpartei Widerspruch erheben. Sollte diese widersprechen, kann ein Vollstreckungsbescheid erlassen werden in der zweite Stufe. Auch hier kann die Gegenpartei Einspruch einlegen.
Sollten alle Maßnahmen ohne Erfolg sein, kann eine Klage eingereicht werden.
Inkasso als Alternative
Der Begriff Inkasso bezeichnet das Geschäft, in welchem ein Unternehmen ein anderes Unternehmen (Inkassounternehmen) beauftragt, seine Forderungen einzutreiben. Das Inkassounternehmen verdient seine Brötchen auf Erfolgsbasis und behält einen Teil der Forderungssumme daher ein. Es gibt auch Fälle, wo Inkassounternehmen von ihren Kunden die überfälligen Forderungen zu einem geringeren Preis als den Forderungsbetrag abkaufen, um diese dann von dem Schuldner einzutreiben, mit Gewinn versteht sich.
Factoring als Vorsichtsmaßnahme
Ist dies der Fall, so sind die Grenzen zwischen Factoring und Inkasso nahezu fließend. Das Ziel von Beiden ist das Gleiche: Liquidität eines Unternehmens zu bewahren. Das Factoring ist jedoch darauf ausgelegt, verspätete Zahlungen oder Zahlungsausfälle zu verhindern, wohingegen der Fokus beim Inkasso auf das Eintreiben von offenen Forderungen liegt. Das Factoring könnte also als eine Art Vorsichtsmaßnahme, Versicherung bzw. Absicherung gegenüber solchen Situationen angesehen werden.
Geht Inkasso auch im Ausland?
Eine Inkassoangelegenheit im Ausland ist aufgrund der unterschiedlichen Rechtssysteme, Kulturen, Sitten sowie Sprachen komplizierter, jedoch nicht unmöglich. In einem solchen Fall sollte man sich Hilfe von einem Partner holen, der bereits über Erfahrungen im Ausland verfügt, wie beispielsweise international tätige Anwälte, spezialisierte Inkassounternehmen oder Inkassounternehmen des betreffenden Landes. Unter Auslandsinkasso wird also das Eintreiben von offenen Geldforderungen (d.h. den offenen Geldbeträgen von der nicht bezahlten Rechnung) durch ein im Ausland sitzendes Inkassounternehmen verstanden.
Besonderheit im EU-Ausland
Befinden sich beide Parteien, also der Schuldner (Rechnungsempfänger) als auch der Gläubiger (Rechnungssteller), innerhalb der Grenzen der Europäischen Union, so kann in diesem Fall der Gläubiger auf den sogenannten Europäischen Zahlungsbefehl zurückgreifen. Sollte der Schuldner, also der nicht zahlungswillige Kunde, nicht auf die Zahlungserinnerungen und Mahnungen vom Gläubiger selbst oder von dem beauftragten Inkassounternehmen reagieren, dann erhält der Schuldner in der Regel einen sogenannten Europäischen Zahlungsbefehl. Dieser Befehl ist mit der EG-Verordnung Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments (EuMahnVO) in allen EU-Mitgliedsstaaten (mit Ausnahme Dänemark) gültig.
Der deutsche Mahnbescheid ist das deutsche Gegenstück zum Europäischen Zahlungsbefehl. Nur mit einem solchen Bescheid sind Maßnahmen der Zwangsvollstreckung möglich. Der Schuldner hat nun die Möglichkeit, gegen den Zahlungsbefehl Einspruch einzulegen. Sollte er dies nicht innerhalb von 30 Tagen tun, ist der Zahlungsbefehl automatisch rechtskräftig. Zudem kann die Vollstreckung sofort nach diesen 30 Tagen erfolgen, da der Zahlungsbefehl auch zugleich als Zahlungstitel fungiert. In allen Mitgliedstaaten, bis auf Dänemark, wird dieser Zahlungstitel anerkannt. Damit können die Gläubiger oder die von ihnen beauftragten Auslandsinkasso-Unternehmen entsprechende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen betreiben, außer es sind nicht alle nationalen Voraussetzungen des jeweiligen Staates erfüllt.
Zwangsvollstreckung im EU-Ausland
Wie bereits oben kurz angerissen, wurde aufgrund von dem Inkrafttreten einiger EU-Verordnungen, wie EG-Verordnung Nr. 1896/2006 oder Nr. 1115/2012, die Prozesse rund um Zivil- und Handelsangelegenheiten, wie beispielsweise das Einfordern von Schulden, wenn der Schuldner nicht im eigenen Land sitzt, drastisch vereinfacht. So auch die Zwangsvollstreckung. Eine Kopie des Europäischen Zahlungsbefehls muss nun nur noch zur Behörde des jeweiligen Mitgliedstaates, wo der Schuldner sitzt, gelangen. Die Vollstreckung wird im Einklang mit den einzelnen staatlichen Regeln und Verfahren des jeweiligen Mitgliedstaats vollzogen. Eine Übersicht über die einzelnen Verfahren innerhalb der EU findest Du hier.
Forderungsausfälle außerhalb der EU
Sollten Rechnungen von einem Kunden außerhalb der EU nicht beglichen werden, so kann, wie bereits oben erläutert, ein Inkassounternehmen im Ausland damit beauftragt werden. Doch was, wenn man keins bzw. kein seriöses findet? Gibt es noch eine weitere Alternative?
Ja, die gibt es, nämlich den Gerichtsstand bei Forderungsausfällen. Bei internationalen Handelsverträgen sind die vertraglichen Vereinbarungen im Normalfall entscheidend. Ist dort nichts derartiges geregelt, so ist das internationale Zivilprozessrecht entscheidend. Laut diesem muss der Kläger, also in unserem Fall der Gläubiger, vor einem Gericht im Ausland die Forderung einklagen. Mal angenommen, Du hast eine amerikanische LLC und dein Kunde sitzt in Deutschland, so müsstest Du vor einem deutschen Gericht die offenen Forderungen einklagen. Hier ist das Verfahren von Land zu Land unterschiedlich und der Einzelfall muss betrachtet werden. Es gibt jedoch noch weitere Stellen neben dem Gericht im Ausland, die in solchen Fällen unterstützen:
- Deutsche Außenhandelskammer (www.ahk.de): Ist in 90 Staaten vertreten und kann daher auf ein Netzwerk von professionellen Unterstützern mit Sitz im Ausland, die über die wirtschaftlichen Besonderheiten und die Mentalität des jeweiligen Landes vertraut sind, zurückgreifen.
- Internationale Handelskammer (Paris): Entwickler der „Incoterms“ (International Commercial Terms), in welchen Auslegungsregeln zu Vertragsformeln im internationalen Handel ausgearbeitet sind, es gibt aber keine Details zur Zahlungsabwicklung, dafür jedoch verschiedene Streitbeilegungsmechanismen, auf welche zurückgegriffen werden können.
- Rechtsanwälte des jeweiligen Landes bzw. welche mit dem Landesrecht vertraut sind
- Internationale Inkassounternehmen (oder im Ausland sitzende Inkassounternehmen)
Es gibt also Möglichkeiten sowie Anlaufstellen, wenn ein Kunde im Ausland nicht zahlen sollte. Dennoch muss einem bewusst sein, dass eine Zwangsvollstreckung im Ausland (außerhalb der EU) sowohl langwierig als auch gegebenenfalls ohne Erfolg sein kann. So kann allein die Ermittlung der aktuellen Anschrift zu Problemen führen. In Deutschland kaum denkbar, in anderen Ländern jedoch Realität. Denn nicht jedes Land verfügt über ein Meldesystem wie Deutschland. Wir empfehlen euch wärmstens bei einem solchen Fall ein im Ausland beheimatetes Inkassounternehmen damit zu beauftragen. Es spart euch Zeit und die Erfolgschancen sind eindeutig höher.
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