Staatenlos-Aufenthaltsort: Guatemala City, Guatemala
Geburtstourismus ist ein wenig diskutiertes, aber vermutlich sehr kontroverses Thema in deutschsprachigen Ländern. Sucht man den Begriff im Internet, gibt es weder Wikipedia-Artikel noch Anleitungen. Einzig in manchen Nachrichten taucht Geburtstourismus auf: etwa, wenn chinesische Mütter wegen der Ein-Kind-Regelung ins benachbarte Hong Kong zur Entbindung fliehen oder Polinnen dasselbe in der deutschen Uckermark tun, um eine bessere Versorgung zu erhalten (und dabei den Sozialstaat zu belasten).
Doch muss man weder Bevölkerungsregulierung entkommen noch andere Staaten ausnutzen wollen um Geburtstourismus für seine Nachkommen zu erwägen. Ist man selbst quasi zufällig irgendwo irgendwie auf die Welt gekommen, kann man seinen Kindern durch die schlaue Wahl des Geburtsorts via Geburtstourismus viele Komplikationen ersparen bzw. Chancen eröffnen. Geburtstourismus hört sich für Dich vielleicht krass an – ist aber eine der Aspekte der Flaggentheorie, die man nicht vergessen sollte.
Deine eigenen Kinder könnten es Dir später danken.
Was bedeutet Geburtstourismus?
Geburtstourismus heißt grob, dass man zum Zwecke der Geburt fremde Länder aussucht. Im Sinne des Staatenlos-Blogs liegt der Vorteil darin, Deinen Nachkommen von Geburt an eine zweite Staatsbürgerschaft zu geben, die ihnen in ihrem weiteren Leben von großem Vorteil sein kann. Weitere Vorteile sind z.B. bessere medizinische Versorgung oder die Flucht vor Bevölkerungsregulierung wie Chinas Ein-Kind-Politik.
Geburtstourismus ist – obwohl man im gegenteiligen Glauben sein könnte – noch in relativ vielen Ländern der Welt möglich. Dabei zieht sich allerdings ein großer Schnitt zwischen der Alten und der Neuen Welt. So ist auf dem gesamten amerikanischen Kontinent mit der Ausnahme Kolumbiens und Chiles Geburtstourismus möglich.
Wird einer Deiner Nachkommen auf Territorium (fast jeden) amerikanischen Landes geboren, so erhält er automatisch die entsprechende Staatsbürgerschaft.
Besonders populär sind dabei die Vereinigten Staaten und Kanada, wobei vom ersterem dringend abzuraten ist. Oder willst Du Deine Kinder der Steuerbehörde IRS zum Fraß vorwerfen?
Die USA sind eben deshalb eine schlechte Wahl, weil sie nach Staatsbürgerschaft besteuern. Der einzige potentielle Vorteil für Eltern aus armen Ländern liegt in der Möglichkeit, dass Kinder nach Vollendung ihres 21ten Lebensjahres mit einem Antrag auf Familienzusammenführung ihren Eltern eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung verschaffen können. Doch wer möchte 21 Jahre warten um global steuerpflichtig zu sein? Zum Glück gibt es andere Alternativen, die mit ähnlicher Reisefreiheit und anderen Vorteilen locken. Zu aller erst sei jedoch noch ein weiterer Überblick über die Rechtslage hinter dem Geburtentourismus gegeben.
Staatsbürgerschaft durch Geburt: Jus Sanguinis und Jus Soli
Die Vergabe von Staatsbürgerschaft bei Geburt folgt nach zwei verschiedenen Prinzipien: jus sanguinis und jus soli. Viele Länder benutzen dabei auch oft beide oder eine Mischform.
Jus Sanguinis (Sangre=Blut) bedeutet, dass Kinder die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern erben. Jus Soli (Soli=Erde) hingegen heißt, dass Kinder die Staatsbürgerschaft jenes Landes erwerben, auf dessen Grund und Boden sie geboren werden. Jus Sanguinis ist dabei das am weitesten verbreitete Prinzip, das auch fast immer komplementär zum Jus Soli-Prinzip gilt. Jenes hingegen ist bedingungslos fast allein auf den amerikanischen Kontinent beschränkt, gilt in modifizierter Mischform aber zudem in vielen westlichen Ländern.
Schauen wir uns dies einmal beispielhaft für Deutschland an. Da auf alle Fälle Jus Sanguinis gilt, musst Du Dir aber keine Sorgen machen, dass Deine Nachkommen nicht Deine Staatsbürgerschaft erben. Folgendes Beispiel illustriert, wie Geburtstourismus nach Deutschland mit modifiziertem Jus Soli-Prinzip funktioniert.
In Deutschland galt bis zum Jahr 2000 lediglich Jus Sanguinis. Seitdem auf deutschen Territorium geborene Kinder erwerben jedoch auch die deutsche Staatsbürgerschaft, sofern eines der Elternteile eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung seit mindestens drei Jahren hat und seit mindestens 8 Jahren im Land lebt (Unterschied? Z.b. Asylbewerber). Ähnlich wie Deutschland verfahren hier viele andere Länder. Um sich vor Geburtstourismus zu schützen, knüpfen sie den Erwerb der Staatsbürgerschaft an die Bedingung, dass ein Elternteil bereits für eine bestimmte Zeit in jenem Land gelebt haben muss.
Wohin zum Geburtstourismus?
Doch Dich interessieren vermutlich viel mehr die Ziele. Wo ist Geburtstourismus möglich – und wo überhaupt empfehlenswert? Auf der Agenda sollte dabei letztlich nicht nur die zu erwerbende Staatsbürgerschaft, sondern natürlich in erster Linie auch die komplikationsfreie Entbindung bedacht werden. Die ist allerdings selbst in Entwicklungsländern heutzutage meist in ähnlich guter Qualität möglich wie zu Hause – wenn man denn das richtige Krankenhaus aufsucht.
Als Ziele bieten sich wie schon erwähnt vor allem der amerikanische Kontinent an. Lediglich Chile und Kolumbien besitzen hier ein modifiziertes Jus Soli-Prinzip, das wie im Falle Deutschlands ein Elternteil mit Aufenthaltsgenehmigung voraussetzt. Die Karibik-Inselstaaten, populär für den Kauf von Zweitpässen, handhaben es unterschiedlich. Staatsbürgerschaft bei Geburt am Karibikstrand gibt es etwa problemlos in Barbados, Dominica, Grenada, Jamaica, St. Kitts and Nevis, Saint Lucia, St. Vincent und den Grenadinen sowie Trinidad und Tobago.
Außerhalb der Neuen Welt gibt es hingegen nur wenige Staaten, in denen Geburtstourismus durch bedingungsloses Jus Soli-Prinzip möglich ist. Dazu gehören Pakistan, Lesotho, Tansania, Kambodschia (sofern durch ein 300€ teures Business-Visum eine einjährige Aufenthaltsgenehmigung besteht) sowie weitere Inseln – diesmal im Pazifik wie etwa Fidschi oder Tuvalu.
Diese Staaten sind vielleicht toll für einen Exoten-Faktor, werden Deinen Kindern aber sonst wenig Vorteile verschaffen.
Es sind nämlich schlechte Pässe mit wenig Reisefreiheit sowie Länder (mit Ausnahme vielleicht von Kambodschia) ohne großartige Perspektiven.
Die besten Ziele zum Geburtstourismus
Bleibt man letztlich also auf den amerikanischen Kontinent beschränkt, stellt sich die Frage welche Länder man auswählen sollte. Das bleibt am Ende der eigenen Präferenz überlassen. Entscheidende Faktoren können etwa Reisefreiheit eines Passes oder auch Möglichkeiten innerhalb eines bestimmten Landes sein. Mit immer eingeschränkteren Möglichkeiten in unseren Heimatländern kann dies ein wichtiger Faktor sein.
Für die beste Reisefreiheit bietet sich dabei wohl in erster Linie Kanada an. Aber auch Länder wie Mexiko, Uruguay, Argentinien und Brasilien haben nicht die schlechtesten Pässe, die es ihren Staatsbürgern erlauben in viele Staaten weltweit visa-frei zu reisen.
Spielen andere Gesichtspunkte eine Rolle, muss man das Ganze entsprechend überdenken. Die Entscheidung ist an dieser Stelle nicht groß anders als wenn man einer dieser Länder als Möglichkeit für sich selbst ausguckt. Seinen Nachkommen eine Staatsbürgerschaft zu schenken ist bloß die leichteste Art.
Sehr viel falsch machen kann man dabei eigentlich nicht. Man sollte nicht dem schlechten Beispiel vieler folgen und seine Kinder in den Vereinigten Staaten zur Welt bringen, da eine Aufgabe dieser Staatsbürgerschaft mit hohen Kosten und Repressionen verbunden ist. Mit allen anderen Staaten haben Kinder jedoch jederzeit die Möglichkeit ihre Staatsbürgerschaft abzuerkennen, sobald sie in der Lage sind darüber selbst entscheiden zu können. In manchen Ländern – etwa jenen, die nur eine einzige Staatsbürgerschaft erlauben – muss oft im Alter von 18 oder 21 diese teils schwierige Entscheidung getroffen werden. Doch wie wir im vergangenen Beitrag gesehen haben, sind Staatsbürgerschaften letztlich ohnehin nur Kopfsache. Die Wahl zu haben ist immer noch besser als keine Wahl zu haben und möglicherweise in einem bestimmten Land gefangen zu sein.
Wichtig ist, was ein zusätzlicher Pass Deinen Kindern für Möglichkeiten eröffnen kann. Falls sie von diesen nicht Gebrauch machen wollen, wenn sie in das entsprechende Alter kommen, ist es ihre Entscheidung.
Käme für Dich nun auch Geburtstourismus in Frage? Oder hast Du irgendwelche Bedenken? Welches wäre das Land, dessen Staatsbürgerschaft Du Deinen Kindern vermachen möchtest?
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