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Als „Achse des Bösen“, „Schurkenstaaten“ oder „Shithole Countries“ wurden sie von einigen amerikanischen Präsidenten bezeichnet – jene vermeintlich gefährlichen und unzivilisierten Länder, die kein vernünftiger Mensch als Tourist bereisen würde. Schließlich erwartet einen dort doch angeblich nichts außer Gewalt, Kriminalität, Dreck und Armut. Aber wie viel Wahrheit steckt tatsächlich hinter diesen Brandings? Könnte es sein, dass wir einer verzerrten Darstellung aufgesessen sind, die die Realität vor Ort völlig anders aussehen lässt? Wir wollen heute einmal hinter die Schlagworte schauen.

„Was willst Du denn im Iran?!“ – Wer sich beispielhaft jemals auf die Reise in das Land im Orient aufgemacht hat, wird sicherlich mit dieser Frage von einigen „ungläubigen“ Freunden und Familienmitgliedern konfrontiert worden sein. Was zwar unter Vielreisenden schon seit Jahrzehnten ein Geheimtipp ist, ist für den, nennen wir ihn mal etwas überheblich „Normalsterblichen“, häufig schwer nachzuvollziehen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Größere und umfassende heutige Bekanntheit hat das Land nicht wegen seiner reichen Kulturschätze, seiner Kulinarik oder seiner über alle Grenzen hinaus bekannten Gastfreundschaft erlangt, sondern vor allem wegen außenpolitischer Fehden, seinem Atomprogramm und Konflikten mit westlichen Staaten. Wer jedoch den Mut hat, solche vermeintlich gefährlichen Länder zu bereisen, entdeckt oft eine völlig andere Realität: eine tief in die Kultur verankerte Hilfsbereitschaft wie kaum woanders, herzliche Gastfreundschaft, eine faszinierende, jahrtausendealte Kultur und eine Sicherheit, die viele überraschen würde. Hinter den „Schleier“ der Vorurteile zu schauen und zu erkennen, dass die Welt nicht nur weniger gefährlich ist, als man denken mag, sondern zudem auch noch deutlich freundlicher, ist eine essenzielle Erfahrung.

Es lohnt sich, hinter den Schleier der Vorurteile zu schauen

Und lange bleibt das Unverständnis nicht beschränkt auf den Iran. Ähnliche Fragen hört man quasi immer, wenn die Reisepläne abseits der typischen Touristenpfade führen. Kolumbien, Pakistan, Saudi-Arabien, Ruanda – viele Länder haben einen schlechten Ruf, zum Teil geprägt von Vorurteilen, einseitigen Medienberichten und längst vergangenen Konflikten. Doch was passiert, wenn man sich über diese Klischees hinwegsetzt – und seine eigenen Denkmuster einmal hinterfragt?


Naqsh-e Jahan Square, Isfahan, Iran – eine der UNESCO Welterbestätten 

Schauen wir uns exemplarisch zehn typischerweise „gefährliche“ Reiseziele an. Wichtig ist hierbei jedoch zu beachten, dass nicht die Risiken heruntergespielt werden sollen, die eine Reise in bestimmte Regionen mit sich bringen kann. Das, was man aus Reportagen oder tagesaktuellen Meldungen kennt, spielt sich natürlich auch in der Realität ab. Der Kern ist jedoch: Als Reisender kommt man damit eher selten in Berührung. Risiken sollte man ernst nehmen und es sollen nicht die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts ausgehebelt oder als trivial abgetan werden. Es geht hierbei eher darum, bestimmte Länder als Ganzes zu erfassen und nicht auf bestimmte Meldungen, Brandings oder Schlagworte zu limitieren. Die Gefahr einer bestimmten Nationalität anzugehören und dadurch als potentiell „politische Geisel“ zu enden wird von Medien gerne hochgespielt, ist aber allenfalls für gewisse staatliche Bedienstete oder Journalisten relevant und kann durch den klugen Einsatz eines Zweitpasses aus einem neutralen Land wie etwa Vanuatu minimiert werden.

 

1. Iran

Ruf: Viele Menschen assoziieren den Iran mit politischer Instabilität, Konflikten im Nahen Osten, Diskriminierung, fehlenden Frauenrechten und seinem Atomprogramm.
Wahrnehmung als Tourist: Der Iran gehört zu den gastfreundlichsten Ländern der Welt. Reisende berichten häufig von Einheimischen, die sie spontan zum Tee einladen, ihnen helfen oder sie sogar zu sich nach Hause einladen. Die persische Kultur legt großen Wert auf Gastfreundschaft und Touristen fühlen sich oft deutlich sicherer als erwartet. Als umsichtiger Gast des Landes wird und sollte man sich natürlich nicht zu politischen Statements oder Beteiligungen verleiten lassen. Wer der Bevölkerung jedoch mit Respekt begegnet und ein angemessenes Auftreten im öffentlichen Raum gewährleistet, wird in erster Linie von der jahrtausendealten Kultur, bpsw. Weltkulturerbestätten wie Persepolis, beeindruckt sein – und nicht von dem Atomprogramm. Themen, mit denen ein Tourist ohnehin nicht in Verbindung geraten sollte.

2. Pakistan

Ruf: Aufgrund von Berichten über Terrorismus und politischen Unruhen wird Pakistan oft als gesamtes Land als gefährlich wahrgenommen.
Wahrnehmung als Tourist: In den meisten Regionen des Landes werden Touristen herzlich empfangen. Besonders in den nördlichen Gebieten wie Gilgit-Baltistan und dem Hunza-Tal begegnen Besucher einer unglaublichen Gastfreundschaft. Pakistaner sind stolz darauf, Gäste willkommen zu heißen und die Kultur der Gastfreundschaft ist auch hier tief verwurzelt. Dennoch sind einige Regionen des Landes nur mit polizeilicher Eskorte zu passieren und es gelten Reisewarnungen, z.B. in der Region Peshawar oder Belutschistan, die definitiv ernst zu nehmen sind. Viele Reisende beweisen jedoch, dass ein touristischer Aufenthalt in Pakistan problemlos zu bewältigen ist. In einem eigenen mehrteiligen Reisebericht unserer Gruppenreise ist dies sogar im Detail nachzulesen. 

3. Russland

Ruf: Russland wird aktuell mit autoritärer Politik, geopolitischen Spannungen und kriegerischen Auseinandersetzungen in Verbindung gebracht. Besonders die Berichterstattung über internationale Konflikte hat das Image des Landes im Westen stark belastet.
Wahrnehmung als Tourist: Wer nicht plant in die konfliktbesetzten Regionen des Landes zu reisen oder sich in sonstiger Form daran beteiligen will, wird in einem Land, das fast fünfzigmal so groß ist wie Deutschland, eher wenig in Berührung mit dem Ukrainekonflikt geraten. Alleine durch die Dimension des Landes sollte klar sein, dass bestimmte Regionen, die von militärischen Auseinandersetzungen geprägt sind, einen minimalen Bruchteil des Landes ausmachen. Historische Städte wie St. Petersburg und Moskau beeindrucken mit kultureller Vielfalt, während die Weiten Sibiriens und die Landschaften des Baikalsees genügend zu bieten haben, ohne jemals mit dem Konflikt in der Ostukraine in Kontakt zu kommen. Das gesamte Land als Tourist zu brandmarken oder zu meiden, wird der Kultur des Landes nicht gerecht.

4. Kolumbien

Ruf: Kolumbien wird oft mit Drogenkartellen und Gewalt assoziiert, ein Image, das sich über Jahrzehnte vor allem in der Popkultur durch Filme oder auch aktuelle Serien wie Narcos verfestigt hat.
Wahrnehmung als Tourist: Kolumbien hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte in Bezug auf Sicherheit gemacht und ist mittlerweile ein beliebtes Reiseziel für Touristen. Dennoch ist die Sicherheit von der Region und den Reisegewohnheiten abhängig. Kolumbianer gelten als fröhlich, offen und sehr gastfreundlich. Reisende berichten häufig von Einladungen zum Essen oder zum Tanzen, besonders in Städten wie Medellín, das sich von einer einstigen Hochburg der Kriminalität zu einem aufstrebenden kulturellen Zentrum entwickelt hat. Ähnlich verhält es sich in Bogotá oder Cartagena.


Die Altstadt von Cartagena, Kolumbien

5
. Venezuela

Ruf: Venezuela wird vor allem mit Korruption, Drogen, Hyperinflation und politischen Protesten assoziiert. In vielen Medien wird Venezuela als Synonym für Instabilität und Krise dargestellt, was viele potenzielle Reisende abschreckt. Auch die hohe Kriminalitätsrate in Großstädten wie Caracas verstärkt den Eindruck, dass das Land für Besucher gefährlich sei.
Wahrnehmung als Tourist: Trotz der schwierigen politischen und wirtschaftlichen Lage erleben viele Reisende eine völlig andere Seite Venezuelas. Die Venezolaner sind bekannt für ihre außergewöhnliche Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Venezuela ist ein Land von atemberaubender natürlicher Schönheit. Der Salto Ángel, der höchste Wasserfall der Welt, zieht Abenteurer aus aller Welt an. Die Gran Sabana, ein einzigartiges Gebiet mit Tafelbergen (Tepuis) und endloser Savanne, bietet spektakuläre Landschaften, die ihresgleichen suchen. In ländlichen Gebieten und abgelegenen Orten fühlen sich Besucher oft sicherer als in den Großstädten und haben die Gelegenheit, die herzliche Kultur hautnah zu erleben.

6. Ruanda

Ruf: Viele Menschen assoziieren Ruanda auch heute noch mit dem Völkermord von 1994, der das Land ins internationale Bewusstsein rückte. Dieses dunkle Kapitel prägt bis heute das Image des Landes; vermutlich auch deshalb, weil man sonst einfach wenig über das kleine Land in Afrika weiß.
Wahrnehmung als Tourist: Ruanda hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem der sichersten und stabilsten Länder Afrikas entwickelt. Besucher erleben eine beeindruckende Sauberkeit und eine wachsende Wirtschaft. Die Hauptstadt Kigali gilt als eine der modernsten und saubersten Städte des Kontinents und Naturliebhaber kommen im Volcanoes-Nationalpark, bekannt für seine Berggorillas, ebenfalls auf ihre Kosten. Ruanda zeigt, wie Wandel und Fortschritt Vorurteile überwinden können.

7. Jordanien

Ruf: Viele Menschen setzen Jordanien aufgrund seiner Nachbarschaft zu Syrien, dem Irak und Israel fälschlicherweise mit Unsicherheit gleich. Dabei ist Jordanien der stabile Hort zwischen den krisengebeutelten Ländern in der Nachbarschaft.
Wahrnehmung als Tourist: Jordanien ist ein sicheres und für Touristen offenes Land. Das Land hat Weltkulturerbestätten zu bieten und ist insbesondere bekannt für seine Beduinenkulturen, wie sie im Wadi Rum oder rund um Petra zu finden sind. Die Redewendung „Ahlan wa sahlan“ (Willkommen) wird hier mit voller Überzeugung gelebt und ist den Blick hinter den Vorhang in jedem Falle wert.

8. Saudi-Arabien

Ruf: Das Land wird vor allem mit extrem strengen religiösen Vorschriften, staatlicher Kontrolle und eingeschränkter Freiheit in Verbindung gebracht.
Wahrnehmung als Tourist: Seit der Öffnung für den Tourismus im Jahr 2019 berichten Reisende von einer überraschend herzlichen und neugierigen Bevölkerung, die stolz darauf ist, ihre Kultur und Geschichte zu teilen. Das Land steht wie viele seiner Nachbarn, bspw. die Emirate oder Qatar für wirtschaftlichen Aufschwung, Großprojekte und Zukunftsorientierung. Insbesondere in ländlichen Gebieten wird Gastfreundschaft großgeschrieben. Das Land gilt zudem als sehr sicheres Reiseland.

9. Äthiopien

Ruf: Äthiopien wird oft als arm und instabil wahrgenommen, teilweise aufgrund von Berichten über Hungersnöte und interne Konflikte.
Wahrnehmung als Tourist: Auch wenn, wie in vielen Teilen Afrikas, ein Wohlstandsgefälle und Armut zu bemerken ist, sind die Äthiopier sind stolz auf ihre Kultur und Geschichte und heißen Touristen herzlich willkommen. Gastfreundschaft ist auch hier tief in der Tradition verwurzelt, und Besucher erleben oft eine authentische und respektvolle Begegnung mit der Bevölkerung. Mit

10. Simbabwe

Ruf: Vor allem wegen wirtschaftlicher Instabilität, politischer Probleme und Hyperinflation bekannt.
Wahrnehmung als Tourist:
Simbabwe gilt als sicheres Land und hat viele Naturhighlights, wie etwa die Victoriafälle und den Hwange-Nationalpark zu bieten. Selbst die großen Städte Harare und Bulawayo gelten als sicher, wobei zweitere auch über die Jahre immer mehr zum kulturellen Zentrum des Landes mutiert ist.

Woher kommt nun aber die unterschwellige Angst, wenn sich manch ein Reisender auf den Weg in exotischere Ziele macht? Wir wollen dazu ein wenig in die Psychologie gehen:

Unsere Wahrnehmung von Gefahren ist tief in kulturellen Unterschieden und vor allem Stereotypen verwurzelt. Was uns fremd und „unbekannt“ erscheint, kann oft bedrohlich wirken, vor allem wenn es von einer kulturellen Lebensweise geprägt ist, die sich stark von der eigenen unterscheidet. Gesellschaften, die andere Religionen, Traditionen oder Werte pflegen, werden schnell als unberechenbar oder sogar feindselig wahrgenommen – nicht, weil sie es tatsächlich sind, sondern weil sie einem gewohnten Bild von Sicherheit nicht entsprechen und weil man als unerfahrener Reisender schlichtweg noch nicht mit der Kultur, den sozialen Normen und Gesetzen in Berührung gekommen ist. Was also das Hirn als „sicher“ empfindet, ist eben häufig genau das, was es kennt, was es versteht – worüber es vermeintliche Kontrolle besitzt. Gerade in kulturell unterschiedlichen Ländern erleben Reisende häufig eine besondere Gastfreundschaft und Offenheit, die alle Ängste schnell relativiert. Dennoch reisen überproportional viele Menschen lieber in die USA, die mit vergleichsweise hohen Gewaltraten ganz sicher nicht zu den sichersten Ländern der Welt zählen – aber „gefühlt“ eben schon.

Die Angst vor dem Unbekannten ist tief in der menschlichen Psyche verankert. Sie dient dem Überleben und soll vor Risiken schützen. Doch in unserer globalisierten Welt führt sie oft zu Überreaktionen. Menschen neigen dazu, das Risiko in unbekannten Situationen und eben auch Orten zu überschätzen, während sie die tatsächliche Wahrscheinlichkeit eines Problems ignorieren.

Verstärkt wird dieses Gefühl der Unsicherheit an bestimmten Orten schlichtweg durch das, was wir über jene erfahren haben – und das kommt häufig über die mediale Darstellung. Nachrichten aus Ländern wie dem Iran, Kolumbien oder Pakistan konzentrieren sich oft auf Konflikte, Kriminalität und politische Instabilität – das, was sich eben verkauft: sensationsgetriebene Schlagzeilen. Durch diese Sensationalisierung und Exotisierung entsteht ein verzerrtes Bild, das diese Länder auf Risiken reduziert. Viele, insbesondere westliche Reisende, bekommen so den Eindruck, dass dort Gewalt und Gefahr an der Tagesordnung sind, obwohl Touristen damit oft schlichtweg nicht in Berührung kommen. Kognitiv werden also lediglich diese Szenen gespeichert, was dazu führt, dass unsere Imagination von dem Ort verfälscht wird.

Reisen in Länder, die man als gefährlich einschätzt, erfordert ein Verlassen der Komfortzone und vor allem Mut – doch dieser Mut wird reich belohnt. Reisen in unbekanntere und vermeintlich weniger glanzvolle Orte bieten die Chance, Vorurteile abzubauen, Medienbilder zu hinterfragen und eine Welt zu entdecken, die in ihrer Realität oft ganz anders ist als ihre Wahrnehmung. Wer sich abseits ausgetretener Pfade wagt, erlebt nicht nur atemberaubende Landschaften und faszinierende Kulturen, sondern auch die Herzlichkeit und Offenheit der Menschen, die stolz darauf sind, ihre Geschichten zu teilen.

Gerade in vermeintlich gefährlichen Ländern sind Begegnungen oft intensiver, weil man mit Neugier und Respekt empfangen wird. Als Tourist ist man schlichtweg an manchem Ort ein absolut bunter Hund. Diese Erlebnisse schaffen nicht nur bleibende Erinnerungen, sondern auch ein tieferes Verständnis für andere Lebensweisen und Kulturen. Sie zeigen, dass hinter den Schlagzeilen eine Realität liegt, die oft von Menschlichkeit und Gastfreundschaft geprägt ist. Von Menschen, die im Prinzip die gleichen Bedürfnisse haben wie wir.

Reisen in diese Länder bedeutet also, so plakativ es klingt, Ängste zu überwinden und den eigenen Horizont zu erweitern. Es lehrt, dass die Welt weit weniger gefährlich und weit freundlicher ist, als wir oft glauben. Und vielleicht liegt gerade in diesen Momenten des Unbekannten der wahre Wert des Reisens: die Welt nicht nur zu sehen, sondern auch zu verstehen – und hinter die Fassaden zu blicken.

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