Bei der Konteneröffnung im Ausland und auch bei der Beantragung eines Geschäftsführervisums zur Einwanderung wird von internationalen Geschäftsleuten häufig ein Businessplan eingefordert. Um diese Herausforderung einmal näher zu analysieren, bin ich froh mit Joe Gorbert von Brainhive einen erfahrenen Gastautor in dieser Thematik gewonnen zu haben. Möchtest du selbst Deine Expertise als Gastautor auf meinem Blog einbringen, kannst Du mich übrigens jederzeit anschreiben.
Konteneröffung und Geschäftsführervisum: Wann ist ein Businessplan „tragfähig“?
Während der Businessplan für bürokratischen Zwänge in der Regel mit 6-10 Seiten wesentlich einfacher und kürzer ausfällt als reguläre Businesspläne mit 15 bis teilweise 35 Seiten (beispielsweise zur Erlangung einer Finanzierung), handelt es sich jedoch auch bei den Kurzkonzepten um sensible Geschäftsdokumente, deren Qualität den weiteren erfolgreichen Fortgang des unternehmerischen Anliegens massiv beeinflussen.
Wenn die Businessplanempfänger, in diesem Fall Ausländerbehörde, Handelskammern oder eben Bankangestellter, nicht zu dem Schluss kommen, dass Ihr Businessplan auf ein tragfähiges, legales und plausibles Geschäftskonzept hinweist, ist es sehr wahrscheinlich, dass Ihnen Ihr Anliegen verweigert wird. Damit Sie mit Ihrem Businessplan Erfolg haben, hat Ihr staatenlos-Gastautor, der selbst Inhaber einer Businessplanberatung ist, einige Tipps für Sie zusammengefasst, unter welchen Umständen die Tragfähigkeit Ihres Unternehmenskonzeptes zugestanden werden sollte.
Vorweg möchte ich kurz ebenfalls zu bedenken geben, dass Zweifel an Ihrer seriösen Geschäftsabsicht auch durch Ihre Präsentation bei der Korrespondenz und beim persönlichen Gespräch aufkommen können.
Behandeln Sie sämtliche Interaktionen mit den Businessplan-Rezipienten unter der Geltung größtmöglicher Sorgfalt. Dies bedeutet, dass Sie keine Rechtschreibfehler in der Korrespondenz haben, dass Sie mit einem gepflegten Erscheinungsbild auftreten, dass Sie bei möglichen Fragen im persönlichen Gespräch gut vorbereitet sind und die richtigen Antworten geben können und dass Sie von Anfang an auf alle möglichen Auditmaßnahmen und Nachfragen dokumentenseitig sofort ein korrektes und vollständiges Rückspiel geben können.
Dies ist weniger wichtig wenn Sie ein Bankkonto eröffnen, dafür umso wichtiger bei der Beantragung des Geschäftsführervisums, bei der unter anderem Dokumente wie beispielsweise Absichtserklärungen und auch der Lebenslauf eine Rolle spielen können.
Tragfähigkeitsfaktor 1: Track Record und Werdegang des Geschäftsführers
Businesspläne, die deutlich plausibel machen, warum der Geschäftsführer in dem anvisierten Branchensegment an eben jenem Standort aktiv werden will, haben deutlich höhere Erfolgsaussichten auf eine positive Beurteilung, als wenn das ausgearbeitete Geschäftskonzept eher luftig und wie ein persönliches Selbstentfaltungsexperiment oder rein auf Steuervorteile fixiert wirkt.
Businessplan-Rezipienten schauen üblicherweise sowohl auf den Lebenslauf als auch auf die im Plan angegebenen Kontakte und im Vorfeld gewonnenen Partnerschaften.
Die bereits kurz angesprochenen Absichtserklärungen (Engl.: Letter of Intent) von Kunden und Lieferanten können teilweise Wunder wirken um Ausländerbehörden von der Ernsthaftigkeit der Geschäftsabsicht zu überzeugen.
Wenn Sie bereits schon mal gegründet haben oder als Selbstständiger oder Freiberufler am besten mit Personalführungsverantwortung unterwegs waren, sollten Sie diesen Erfahrungsschatz unbedingt im Businessplan anmelden. Auch wenn Sie unternehmerisch aktive Verwandtschaft haben oder in der Lage sind, gesellschaftliche oder politische Engagements zu nennen, die Ihrem Profil an zielführenden Soft Skills weitere Glaubwürdigkeit verleihen, sollten Sie diese Aspekte unter Beifügen schriftlicher Nachweise erwähnen. Dass Sie ebenfalls akademische Nachweise und Arbeitszeugnisse angeben, die eine Relevanz zu Ihrer geplanten unternehmerischen Tätigkeit besitzen, sollte eigentlich keiner Erwähnung bedürfen.
Tragfähigkeitsfaktor 2: Der glaubwürdige Finanzplan
Kaum ein anderes Thema lässt angehende Gründer bei der Businessplanerstellung mit einem unwohleren Gefühl an die Aufgabe heranschreiten, eine tragfähige Geschäftsplanung aufzustellen, als der Finanzteil. Während der schriftliche Teil, primär geprägt von soften Faktoren im Bereich der Erläuterung von Produkten und Leistungen, USPs, Mission / Vision, Geschäftsführer Vita, Personalplanung etc. anforderungsseitig mit doch noch relativ grundsätzlichem Verständnis betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge verstanden und ausgearbeitet werden kann, so gibt es nur einen Bruchteil der Gründer, die völlig frei von anfänglicher Nervosität an den Finanzplan herantreten.
In der Regel brauchen Sie für eine Konteneröffnung keinen komplexen Finanzplan, sondern können, Taschenrechner zur Hand, im Idealfall mit einer Investitons- und Kostenaufstellung, grober Umsatzvorschau und noch gröberen Gewinnprojektionen der ersten drei Jahre locker als Microsoft Office Dokumententabelle, die an den schriftlichen Teil angehängt wird, die Erwartungen des Businessplanempfängers erfüllen. Doch schon beim Geschäftsführervisum und bei allen anderen komplexeren Businessplan-Zwecken kommen Sie in der Regel um einen professionellen Finanzplan nicht herum. In einem solchen Finanzplan finden sich üblicherweise neben komplexeren Umsatz- und Kostenkalkulationen auch eine Bilanz, Gewinn und Verlustrechnung mit Berechnung der Steuer sowie eine umfängliche Cashflow- und Finanzkennzifferanalyse, alles auf drei Jahre und das erste Jahr auf Monate runtergebrochen.
Als ob es nicht genug wäre, dass diese Zahlen überhaupt bestimmt werden müssen, werden diese auch noch relativ sorgfältig überprüft auf Plausibilität, Konsistenz und Kongruenz. Nicht nur, dass Sie auf Punkte achten müssen wie eine grundsätzlich positive Liquidität mit vernünftigem Polster, auch muss Ihr Break-Even Zeitpunkt und Dinge wie Steuer, Zoll- und Zinssätze einigermaßen passen. Erschwerend kommt hinzu, dass manche Ausländerbehörden auch sehr darauf achten, ob sie mit Ihrer Gründung sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze schaffen und ob Sie Faktoren wie betriebliche Krankenversicherung und Lohnnebenkosten korrekt recherchiert und ausgewiesen haben.
Summa summarum macht es insbesondere beim Finanzplan Sinn, sollten denn die Anforderungen wie oben beschrieben relativ hoch sein, jemanden Erfahrenen hinzuzuziehen, um nicht schon vorab einen lückenhaften Eindruck zu machen und dann bei den Feedback-Runden entweder lange Wartezeiten oder wiederholte Ablehnungen zu riskieren.
In der Regel hat man 2-3 Gelegenheiten, den Businessplanempfängern ein tragfähiges Konzept vorzulegen und danach landet man entweder in zermürbend langen Warteschleifen oder wird sogar für einige Zeit von der erneuten Antragsstellung ausgeschlossen.
Tragfähigkeitsfaktor 3: Asset Base & Partnerschaften
Ich habe es im ersten Abschnitt bereits kurz angeschnitten, aber der Punkt empfiehlt sich nochmal zu einer weiteren Hervorhebung:
Sofern Sie Partnerschaften in dem betreffenden Zielland oder auch kapitalstarke Mutterunternehmen im Rücken haben,genießen Sie eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit für eine positive Beurteilung Ihres Unternehmenskonzeptes.
Generell gilt: Verfügen Sie über genügend eigenes Kapital oder sonstige Ressourcen materieller oder immaterieller Natur, welche Sie in die Gründung einbringen können, haben Sie nicht nur im echten Leben eine viel höhere Überlebenschance, sondern können auch damit rechnen, dass bei der Begutachtung Ihres Businessplans diese Faktoren positiv zu Ihren Gunsten bewertet werden. Gerne können Sie die Validität Ihrer Aussagen auch mit Kapitalnachweisen, Jahresabschlüssen / betriebswirtschaftlichen Auswertungsbögen Ihrer Buchhaltung (JA / BWA), Nachweisen vom Patent- und Markenamt oder Zertifizierungen / Besitzurkunden nochmal einwandfrei belegen.
Tragfähigkeitsfaktor 4: Eine zahlenstarke Marktanalyse
Sehr gut recherchiert wird doppelt belohnt: Nicht nur findet man wertvolle Indikatoren und Informationsschnipsel welche einem im echten Unternehmerleben hilfreich sein können, sondern man trägt auch Daten für eine aussagekräftige Marktanalyse zusammen, welche einwandfrei die rosige Zukunft belegen, in die man mit seinem Markteintritt entgegen schreitet. Ohne euphorische, euphemistische Töne erläutern Sie nüchtern und kompakt, warum es absolut keinen Zweifel daran gibt, dass ihr anvisiertes Marktsegment unter Betrachtung klassischer Faktoren wie Marktvolumen und Wachstum, Wettbewerb und Zielgruppenverhalten, Standort, systemisch-politischen Rahmenfaktoren und sonstiger Risiken definitiv gute Voraussetzungen für ihre geplante Geschäftstätigkeit bietet.
Je mehr konkrete Zahlen, je mehr Diagramme, Charts und sonstiges Bildmaterial aus verlässlichen Quellen, desto größer nicht nur das Gefühl der Sicherheit aufgrund guter Marktvoraussetzungen, sondern auch weil Sie ein Gründer sind, der seine Hausaufgaben macht.
Das spricht für Ihre Kompetenz und auch dafür, dass Sie die Angelegenheit mit dem Businessplan mit dem nötigen Ernst betrachten. So fühlen sich die Bürokraten für voll genommen, und das kann Ihnen bekanntlich nur nützen.
Fazit: Keine Angst vor der Businessplan-Evaluation, wenn Sie die Best Practices beachten
Die Anforderungen, einen Businessplan zu erstellen, scheinen nur auf den ersten Blick überzogen und schwierig zu bewältigen. Viele Unternehmensberatungen, Anwälte und Notare verlangen relativ viel Geld, wenn Sie diese mit Ihrer Businessplanerstellung beauftragen wollen. Doch in Wirklichkeit ist es gar nicht so schwer den Plan selbst zu schreiben, der Akt an sich kann in vielerlei Hinsicht realgeschäftlich nützen und es existiert eine Unmenge an Informationen und auch Vorlagen, Muster, Beispiele, Glossare und Software da draußen, welche Sie verwenden können, um Ihren Businessplan zu erstellen.
Sollten Sie dennoch keine Lust haben, die 10, 20, manchmal 30 Stunden in die Recherche und Ausarbeitung eines tragfähigen Businessplanes zu investieren, sollten Sie sich nochmal in Richtung spezialisierter Businessplanberatungen umschauen, da diese in der Regel Pläne wesentlich günstiger und in höherer Qualität erstellen als die üblichen Verdächtigen wie Steuerberater, Anwälte und Co.
In meiner Praxis sehe ich die Unterschiede hin und wieder doch sehr deutlich zutage treten, es werden 1.500€+ ausgegeben für netto 10 Seiten oft zu flachen, fluffigen Text. Bei normalen Businessplanberatungen kosten Kurzkonzepte typischerweise weniger als 500€, Pläne mit Normallänge inklusive Finanzplan sind schon zwischen 900€ bis 1.300€ zu haben.
Egal ob Sie letztlich den Businessplan selbst erstellen oder von einem Dritten schreiben lassen, sollten Sie bei der Begutachtung auf die oben genannten Kriterien achten, bevor Sie den Plan den Businessplan-Rezipienten zur Verfügung stellen. In diesem Zusammenhang kann für Do-It-Yourself Gründer auch der Gang entweder zu einer zertifizierten Begutachtungsstelle oder der Austausch mit einem erfahrenen befreundeten Profiunternehmer sinnvoll sein. Vier Augen sehen immer mehr als zwei. Und wie gesagt haben Sie am Ende des Tages nur eine begrenzte Anzahl von Chancen, auf Anhieb mit Ihrem Businessplan einen guten Eindruck zu machen.
Über den Autor
Joachim Görbert führt eine Businessplanberatung (BrainHive.de) und eine Marketingagentur (BrainHive-Ethical-Marketing.com) und pendelt aktuell als Perpetual Traveler die meiste Zeit zwischen Südamerika und Südostasien hin und her. Mit einem Hintergrund primär in der Markteintritts- und Managementberatung hat er sich schon vor mehreren Jahren aus der Mühle verabschiedet und ist froh, nach einigen Rückschlägen mittlerweile eine relativ gute Positionierung in einem spannenden Bereich des Internet-Unternehmertums innehalten zu dürfen.
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