Ein Steuerzertifikat ergänzt in manchen Fällen den Abmeldungsprozess. Für die Abmeldung in Deutschland ist es allerdings nicht notwendig. Dieser Artikel widmet den Fokus auf eine ausführliche Erklärung, wofür diese Zertifkate dennoch tatsächlich nützlich sein können. Wir analysieren außerdem erneut (alter Artikel zum Thema) das täglich gefragte Thema des Compliance- oder KYC-Wohnsitzes. Wie versetzt Du dich als Perpetual Traveller in die Lage alle Banken, Finanzangelegenheiten und Investments durchzuführen ohne die Vorteile dieses Lebensstils zu verlieren?
Ein Großteil der Staaten auf der Welt akzeptieren eine steuerliche Auswanderung erst dann, wenn ein neuer Steuerwohnsitz begründet und mit einem Steueransäßigkeitszertifikat belegt wird (so z.B. auch bei der Auswanderung aus Spanien). In Deutschland und Österreich muss zwar für das ganze Kalenderjahr eine Steuererklärung unter Progressionsvorbehalt einreichen, ist aber potentiell ab dem Ausreisetag aus der unbeschränkten Steuerpflicht entlassen. In vielen anderen Ländern ist man erst dann entlassen, wenn man seine Steueransäßigkeit in einem neuen Land begründen kann, auch wenn dies dann meist rückwirkend zum Zuzugstag passiert.
Wir haben schon zahlreiche Artikel zu den gewöhnlichen deutschen Kernpunkten: was ein Lebensmittelpunkt bedeutet und wie Du – trotz Abmeldung – immer noch in Deutschland steuerpflichtig bleiben kannst; Wir weisen darauf hin, wie Du Dich am besten auf die Fragen des deutschen Finanzamts vorbereitest und wie sich eine Staatenlos Familie mit der Befreiung der Kinder von der Schulpflicht in Deutschland beschäftigt, da die Schulpflicht für sie ähnlich wie die Steuerpflicht wirkt (ohne das bei der Steuerpflicht herrschende Eheproblem; für die Schulpflicht reicht es wenn ein Elternteil mit Kindern sich abmeldet)
Bei einigen Begriffen herrscht jedoch noch eine gewisse Verwirrung. Es lohnt sich, sich durch eine Vertiefung in die Thematik heranzutasten und noch einen Schwung auf die Themen Compliance-Wohnsitz und Steuerzertifikat zu machen.
Jedes Land hat sein eigenes Verfahren.
… aber einige wichtige Konzepte können wir bereits betonen:
- „Abmeldung“: Der offizielle Ausgang des Systems eines Landes. Die „Abmeldung“ ist der Bescheid der Auswanderung. Dies ist normalerweise damit verbunden, dass Du den örtlichen Behörden (einschließlich des Finanzamts) im Voraus den Stichtag mitteilst, an dem Du Deinen Wohnsitz im Land aufgeben wirst. Die Erwartungshaltung ist, dass der Ausstieg aus dem System zum Einstieg in das System eines anderen Landes führt. Eine Abmeldung allein reicht nicht immer aus – Die Deutschen müssen immer nachweisen können, dass Deutschland nicht mehr der Lebensmittelpunkt ist und das auch weiterhin so bleibt. Viele Länder auf der Welt haben keine Meldesysteme wie in Deutschland und dementsprechend auch abweichende Verfahren. Zur Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht ist die Abmeldung auch nur die Vorbedingung: erst am Stichtag der danach folgenden Ausreise, die über ein Ticket nachweisbar sein sollte, endet die unbeschränkte Steuerpflicht.
- Lebensmittelpunkt: Lebensmittelpunkte auf der Welt sind unterschiedlich definiert. Jedes Land der Welt hat eine eigene Regelung zum Lebensmittelpunkt, die denen vieler Länder ähnelt, oft aber spezielle Regeln kennt. Letztlich ist der Lebensmittelpunkt synonym zur unbeschränkten Steuerpflicht – er zählt die zu erfüllendenden Bedingungen auf, die das Besteuerungsrecht eines Landes auslösen. Es ist unmöglich rechtzufertigen, dass Dein Lebensmittelpunkt in Malaysia ist, wenn Du praktisch das ganze Jahr in Europa verbringst. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist der Lebensmittelpunkt nicht der einzige entscheidende Faktor. Hier, wie in anderen kontinentaleuropäischen Ländern, gibt es ein ordentliches Meldewesen, was etwa im Vereinigten Königreich vollkommen unbekannt ist. Demnach muss sich derjenige, der sein vorheriges Wohnsitzland verlässt, sich abmelden, um aus dem Heimatsystem inklusiv all seiner Rechte, aber auch Pflichten, auszusteigen. Wird dies versäumt, kann das für manche teuer werden. Um ohne Abmeldung nicht mehr in Deutschland steuerpflichtig zu sein muss man einen Steuerwohnsitz mit Steuerzertifikat in einem Land begründen, welches ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland hat. Nur in diesem Fall verliert Deutschland dann trotz Meldung das Besteuerungsrecht.
- Aufenthaltsgenehmigung (mit einem Visum vergleichbar): nur weil Du eine Aufenthaltsgenehmigung (oder ein Visum) in einem Land hast, bedeutet es bei weitem nicht, dass Du da „wohnst“. Die Anzahl an Aufenthaltsgenehmigungen, die Du potenziell haben kannst, ist unbegrenzt. Staatenlos-Gründer Christoph hat zB 4 Aufenthaltsgenehmigungen. Du erlangst oder verlierst diese Wohnsitzvisa einzig je nach den Gesetzen des entsprechenden Landes. Nahezu jede Nation bietet verschiedenste Möglichkeiten, an eine langfristige Aufenthaltsgenehmigung zu kommen, mit den verschiedensten Voraussetzungen und Anforderungen. Du kannst nicht eine Firma in z.B. Dubai gründen und glauben, dass Dein Wohnsitz auch automatisch dorthin verlegt wird. Nur eine Firma (Mainland oder Freezone) in Dubai rechtfertigt in keinem Fall einen Lebensmittelpunkt dort. Die Aufenthaltsgenehmigung bietet Dir nur die Möglichkeit, Dich jederzeit (oder sogar dauerhaft) im Lande aufzuhalten. Das ermöglicht Dir eine Freizügigkeit ähnlich wie mit einem EU-Pass innerhalb der Schengen-Zone. Du kannst ohne Visum so oft Du willst nach Italien oder Spanien fliegen. Wenn Du eine Firma in Dubai hast, wäre das als ob Dubai „ein Teil der EU“ für Dich wäre. Wenn Du aber offiziell für das deutsche Finanzamt Deinen Wohnsitz in die VAE verlegen willst, musst Du tatsächlich die meiste Zeit des Jahres in z.B. Dubai sein bzw andere Bedingungen der Bindung erfüllen. Je nach Kategorie der Aufenthaltsgenehmigung gibt es Vorschriften zum Mindestaufenthalt oder Maximalabwesenheit. Temporäre Aufenthaltsgenehmigungen haben etwa oft einen Mindestaufenthalt von 183 Tagen und führen damit automatisch zur Steuerpflicht. Permanente Aufenthaltsgenehmigungen können verfallen, wenn man nicht innerhalb mehrerer Jahre einmal das Land besucht. Manche Permanent Residencies machen den Besitzer sogar steuerpflichtig, egal wo er wohnt (zB Greencard in den USA oder Permanent Residency in Brasilien).
- Wohnsitz: Dein Wohnsitz ist letztlich deine Wohnung. Er muss nicht gleich Deinem Steuerwohnsitz sein. Der Unterschied hier ist klein, aber fein (!). Denn in vielen Ländern löst eine Wohnung eben keinen Steuerwohnsitz aus und bedarf auch keiner Aufenthaltsgenehmigung. Du kannst als Tourist oft eine Wohnung mieten oder kaufen ohne dich dann anmelden oder ein Visum beantragen zu müssen. Während diese dauerhafte Verfügbarkeit einer Wohnung im DACH-Raum einen Lebensmittelpunkt auslöst, ist das in vielen auch europäischen Ländern nicht der Fall. Eine genaue Auflistung aller möglichen Länder ist in Arbeit von uns.
- Steuerwohnsitz: wo Du (oder auch Deine Firma als Körperschaft) verpflichtet sind, eine „Steuererklärung“ abzugeben bzw Steuern zu zahlen. Oft entspricht der Steuerwohnsitz dem Wohnsitz, sprich der Wohnung in der man die meiste Zeit im Jahr verbringt. Man kann mit entsprechenden Aufenthalt aber einen Steuerwohnsitz ohne Wohnsitz/Wohnung auslösen und genauso in manchen Ländern einen Wohnsitz/Wohnung haben ohne dadurch einen Steuerwohnsitz auszulösen. Diese Unterscheidung ist sehr wichtig, den meisten aber nicht klar. Bestimmte Gesetze oder bilaterale Abkommen können oft für mehrere Jahre noch für die Besteuerung in einem anderen Land als dem des Steuerwohnsitzes sorgen, zum Beispiel die Überdachende Besteuerung zwischen Deutschland und der Schweiz.
- Steuerzertifikat: der Nachweis für den Steuerwohnsitz bzw. Ansässigkeit. Es wird von Finanzbehörden erstellt. Dieses Dokument wird in der Regel nach einem halben Jahr Aufenthalt im Lande ausgestellt, da nur so der Mißbrauch mehrerer Steuerzertifikate vermieden werden kann (bei 183+ Tagen kann man logisch nur ein Zertifikat erhalten). Einige Länder haben aber abweichende Regelungen, wenn gewisse Bedingungen erfüllt werden (siehe unten). Das Steuerzertifikat entspricht nicht der Steuernummer – rein eine Steuernummer löst keine Steuerpflicht aus. Ein Steuerwohnsitz führt nicht automatisch zum Recht ein Zertifikat beantragen zu können, sprich man kann besteuert werden, aber durchaus kein Zertifikat bekommen.
- Steuernummer: Die Steuer-ID ist die Identifikationsnummer, die gern von Banken und anderen Finanzinstitutionen abgefragt wird, etwa um den globalen Datenaustausch zu ermöglichen. Sie ist mittlerweile oft komplementär zur leicht fälschbaren Verbrauchsrechnung Pflicht um das Wohnsitzland zu bestätigen. Der reine Besitz einer solchen Nummer löst nirgends auf der Welt aber eine Steuerpflicht aus. In Deutschland kriegt man eine solche Nummer etwa schon bei Geburt zugewiesen und behält sie ein ganzes Leben. Eine Steuernummer bekommt man oft bereits, indem man im Ausland Zinsen auf einem Konto generiert oder eine Immobilie beschränkt steuerpflichtig vermietet. Dadurch wird man ja nicht automatisch in jenem Land unbeschränkt steuerpflichtig.
Abmeldungsprozesse in anderen Ländern
Fangen wir also hier an. Für Deutschland ist ein weiteres Steuerzertifikat für Deine Abmeldung nicht notwendig. Man braucht ein Steueransäßigkeitszertifikat in der Regel nur bei Rückkehr nach Deutschland in den ersten 2 Jahren nach Ausreise, da sonst eine Nachversteuerung drohen kann. Nach mehr als 24 Monaten gilt man als langfristig ausgewandert und kann auch ohne solches Zertifikat nach Deutschland zurück kehren. Grundsätzlich empfehlen wir aber im Jahr vor der Rückkehr den Steuerwohnsitz nachweisen zu können, da mit Willkür immer zu rechnen sein muss.
In anderen Ländern reichen Abmeldung und Ausreise aber oft allein nicht aus. Es müssen gewisse Bedingungen erfüllt und gewisse Tatsachen aktiv bewiesen werden. Teilweise greift ähnlich der erweitert beschränkten Steuerpflicht in Deutschland noch mehrere Jahre nach Abmeldung eine lokale Steuer, zB bei der Auswanderung in definierte Steueroasen. Folgend gehen wir auf verschiedene besonders strenge Hochsteuerländer als Anschauungs-Beispiel ein. Ein Großteil dieser Staaten besitzt oft auch eine Wegzugsbesteuerung deutscher Prägung, darauf gehen wir aber nicht gesondert ein. Auf die USA, aus deren Fängen man sich ja ohnehin nur durch die Aufgabe der eigenen Staatsbürgerschaft entziehen kann, kommen wir wegen der Komplexität gar nicht zu sprechen.
Skandinavien
Für die skandinavischen Länder (Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland und Island) müssen die Steuerbehörden von Deiner Auswanderung informiert werden. Oft haben diese Hochsteuerländer harte Regeln, die gerade Staatsbürger noch mehrere Jahre nach Auswanderung steuerpflichtig machen.
In Schweden müssen etwa Staatsbürger und Ausländer mit 10 Jahren Aufenthalt aktiv den Beweis erbringen dass alle wesentlichen Verbindungen zu Schweden gekappt sind. Erst nach 5 Jahren dreht sich die Beweislast auf die Steuerbehörde, dass dies nicht so wäre. Grundsätzlich ist es, auch wenn gesetzlich gar nicht definiert, immer einfacher ein Land zu verlassen, in dem man nicht die Staatsbürgerschaft hat. Finnland hat eine ähnliche Regelung der Beweislast für jeden Staatsbürger.
In Norwegen muss jeder auswandernde Steuerzahler nachweisen im Kalenderjahr weniger als maximal 61 Tage im Land verbracht zu haben und nicht mehr im Besitz einer verfügbaren Wohnung zu sein. Wer 10 Jahre in Norwegen gelebt hat, muss dies sogar 3 Jahre am Stück nachweisen. Erst ab dem 4. Jahr wird er aus der norwegischen Steuerpflicht entlassen. Dies kann durch ein Doppelbesteuerungsabkommen Norwegens mit dem Zuzugsstaat aber verkürzt oder aufgehoben werden.
In Island reicht es aus das Land zu verlassen, außer man ist isländischer Staatsbürger oder seit 17 Jahren im Land. Dann endet die Steuerpflicht erst nach Nachweis dass eine Besteuerung im Zuzugsland erfolgt.
Spanien
In Spanien endet die Steuerpflicht erst indem ein Steueransäßigkeitszertifikat eines neuen Landes eingereicht wird. Auch jeder Ausländer, unabhängig von der Dauer seines gemeldeten Aufenthaltes, muss diese Auflage erfüllen. Ohne Steuerzertifikat bleibt man in Spanien steuerpflichtig. Da Spanien kein Split-Year-Treatment kennt ist man grundsätzlich das ganze Kalenderjahr der Auswanderung noch steuerpflichtig. Spanische Staatsbürger, die in definierte Niedrigsteuerländer auf der Schwarzen Liste auswandern, bleiben die ersten 3 Jahre nach Auswanderung voll steuerpflichtig. Steueroasen mit DBA wie in diesem Fall zB Panama und die VAE sind davon aber ausgenommen.
UK
Du musst die Steuerbehörden (HMRC) über Deine Absicht informieren, das Land zu verlassen. Das P85-Formular muss ausgefüllt und nachgereicht werden. Die HMRC bestimmt durch einen Statutory Residence Test, ob Du noch steuerlich ansässig bist.
Der Statutory Residence Test besteht aus vier wesentlichen Komponenten: Wie viel Zeit Du in einem Steuerjahr im Vereinigten Königreich verbracht hast, der Automatic Overseas Test, der Automatic UK Tests, der Sufficient Ties Test. Als britischer Staatsbürger können zB schon 30 Tage Aufenthalt pro Jahr kritisch werden, wenn zu viele Verbindungen noch zur UK bestehen. Für Ausländer kann bereits nach 90 Tagen eine Steuerpflicht greifen. Es lohnt sich die ausführlichen Informationen der britischen Steuerbehörde zu diesem Thema zu lesen.
Australien
Bei einer Auswanderung musst Du das Australian Taxation Office (ATO) informieren. Australien hat 3 Tests (the resides test, the domicile test und the 183 day test), um festzustellen, ob eine Person noch im Land ansässig ist oder nicht. Im Summe ist das Abmeldeverfahren ziemlich eindeutig.
Allerdings können ausländische Einwohner beim Verkauf ihres australischen Wohnobjekts nicht mehr die Kapitalertragssteuerbefreiung in Anspruch nehmen. Du kannst vielleicht für eine Aufhebung Deines Departing Australia Superannuation Payment (DASP) berechtigt sein, was eine Art Rentenversicherung ist.
Kanada
Bei der Ausreise aus Kanada wird davon ausgegangen, dass Du Dein gesamtes Eigentum zum Marktwert veräußert hast (auch wenn noch keine Transaktionen stattgefunden haben oder Geld geflossen ist). Diese „fiktive“ Veräußerung löst eine Abgeltungssteuer auf den Gewinn aus, der vor Deinem Wegzug angefallen ist. Es ist so schön, wie Regierungen immer alles besser wissen und eine genaue Vorstellung haben, für welchen Wert z.B. mein Haus verkauft wird 🙂
Und wenn wir von Eigentum sprechen, meinen wir damit Dein gesamtes Hab und Gut – nicht nur Immobilien, sondern auch Fonds und persönliche Gegenstände (Auto, Kleidung…).
Du musst bis zum 30. April des nächsten Jahres eine Steuererklärung abgeben, damit Du Dein Eigentum zum Stichtag der Auswanderung ausweisen kannst. Um den Lebensmittelpunkt in Kanada zu vermeiden zählen ungleich Deutschland auch Faktoren wie ein lokaler Führerschein, ein zugelassenes Auto, der Hausarzt, Versicherungen, lokale Mitgliedschaften und viele weitere Punkte. Um sich aus Kanada endgültig steuerlich zu verabschieden ist also ein deutlich klarerer Schnitt nötig als im DACH-Raum.
In allen Fällen giltst Du weiterhin als beschränkt steuerpflichtig für Einkünfte, die in dem Land erzielt werden:
- Lokale Mieteinkommen
- Gehälter aus der Geschäftsführung einer lokalen Firma
- die meisten Renten und Pensionen
- Einkommen aus gewissen selbständigen Tätigkeiten/Ausführung lokaler Arbeit
- Gewinne aus einer lokalen Partnerschaft
- je nach Land diverse zusätzliche Themen
Was das genau bedeutet sprechen wir gleich an!
Lebensmittelpunkt auf alle Fälle vermeiden!
Neben den 183 Tagen gibt es auch in Deutschland abweichende Regelungen, die zwar nicht gesetzlich verankert sind, von Finanzgerichten in den letzten Dekaden aber entschieden wurden. Die wichtigste Regel ist dabei eine fehlende Kontinuität des Aufenthaltes in Deutschland. Zwischen 2 Aufenthalten sollten mindestens 3 Wochen verstreichen damit diese nicht als zusammenhängend gewertet werden.
Wer also etwa unter der Woche im Ausland arbeitet, jedes Wochenende jedoch in Deutschland verbringt, der wird trotzdem seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland haben. Selbst ein langes Wochende von 3 Tagen bedeutet technisch nur einen Aufenthalt von 3 x 52= 156 Tagen in Deutschland – also unter 183 Tagen. Aber weil man jede Woche im Land ist – ohne 3 Wochen Pause – ist der Lebensmittelpunkt ganz klar Deutschland. Lediglich ein Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Wochenend-Land kann dies verhindern. 60 Tage Zypern würden zum Beispiel ausreichen.
Zum Verhängnis beim Lebensmittelpunkt in Deutschland werden die eigentlich offensichtlichen Dinge, die man trotzdem gerade deshalb vergisst (Familie, verfügbare Wohnung, persönliche und wirtschaftliche Interessen). Diese haben wir hier bereits erwähnt. Zum Glück sind reine Angaben von Steuernummer und Addressen oder die Existenz von zugelassenen Fahrzeugen, Konten, Versicherungen, Mitgliedschaften usw. in Deutschland weniger relevant.
Lebensmittelpunkte auf der Welt sind unterschiedlich definiert.
Die 183-Tage-Regelung ist einer von mehreren Faktoren, die in Deutschland, aber auch vielen Staaten weltweit, den Lebensmittelpunkt bestimmen. Die schlüssige Logik dahinter ist, dass bei 183 Tagen – ein halbes Jahr – Aufenthalt in einem Staat maximal 182 Tage Aufenthalt in einem anderen Staat möglich sind. Weil der Bürger nach 183 Tagen nicht noch länger im Kalenderjahr in einem anderen Staat ansäßig sein kann, sichert sich der Staat in diesen Fällen immer das Besteuerungsrecht.
Andere Länder, andere Sitten – die 183-Tage-Regelung variiert je nach Land. In manchen Ländern reichen bereits 90 Tage aus.
Eine Wiederholung: Allgemeine Steuerpflicht in Deutschland
An dieser Stelle sei einmal an die 4 Kategorien der Steuerpflicht in Deutschland erinnert. Als Staatenloser lebst Du nach der 4. Kategorie – Du bist mit Anwendung der 183 Tage Regelung nicht steuerpflichtig. Falls Du allerdings ein Unternehmen in Deutschland hast und viel Geld in ein Niedrigsteuerland verlagerst, könntest Du in die 3. Kategorie fallen.
- Unbeschränkte Steuerpflicht (§1 EStG): Dein offizieller Wohnsitz befindet sich in Deutschland bzw. Du hältst Dich dort gewöhnlich auf. Damit wäre Dein weltweit erzieltes Einkommen im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig – auch wenn Du die 183 Tage Regelung einhältst. Es ist möglich die unbeschränkte Steuerpflicht jederzeit zu beantragen, wenn man mehr als 90% seiner Einkünfte aus Deutschland bezieht und maximal den Steuerfreibetrag als Auslandseinkommen. Dies ist vor allem für beschränkt steuerpflichtige Geringverdiener wie Rentner oder Vermieter sinnvoll, da sie damit den Steuerfreibetrag auch nach Abmeldung nutzen können und nicht wie sonst üblich ab dem ersten Euro versteuern müssen. Wer als Rentner nicht oder nur marginal aus Kapitalerträgen lebt, ist oft besser beraten in Deutschland steuerpflichtig zu bleiben.
- Beschränkte Steuerpflicht (§49 EStG): Deutschland ist nicht Dein gewöhnlicher Aufenthaltsort, Du beziehst jedoch (erhebliche) Einkünfte aus Tätigkeiten im Inland. Das hieße, dass Du nur die inländischen Einkünfte in Deutschland versteuern musst. Wichtig: passives Einkommen über Bücher/Info-Produkte, die von deutschen Kunden gekauft werden, sind keine inländischen Einkünfte! Auf diese ist nur eine EU-weite Mehrwertsteuer fällig nach dem Kundenlandprinzip. Es ist entscheidend, ob die Einkünfte aus Tätigkeiten im Inland stammen und dort verwertet werden. Hierunter fallen etwa Mieteinnahmen, Gehälter aus deutschen Firmen oder Einkünfte aus angemeldetem Gewerbe. Aber auch gewisse Tätigkeiten, zum Beispiel alle darstellenden Künste wie Schauspiel und Musik, sind beschränkt steuerpflichtig.
- Erweiterte beschränkte Steuerpflicht (§2 AStG): Falls Du in einem Steuerparadies lebst (weniger als ein Drittel der deutschen Steuerbelastung) und wirtschaftliche Beziehungen zu Deutschland aufrecht erhältst (vor allem Beteiligungen an deutschen Kapitalgesellschaften und Immobilienbesitz), ist Dein in Deutschland erzieltes betriebstättenloses Einkommen steuerpflichtig. Man muss zwar sein weltweites Einkommen in Deutschland unter Progressionsvorbehalt angeben (sprich beschränkt steuerpflichtige Einkünfte werden mit den höheren Steuersätzen des Welteinkommens berechnet), dieses aber NICHT versteuern. Deutschland kann für maximal 10 Jahre nur sogenanntes betriebstättenloses Einkommen versteuern, das in Deutschland belegen ist. Jegliche Betriebstätte einer Firma, jeglicher Steuerwohnsitz oder jeglicher Mitarbeiter mit Steuerwohnsitz in einer Firma kann diese negativen Folgen von betriebstättenlosen Einkünften vermeiden. Auch Briefkastenfirmen wie amerikanische LLCs können damit mit nur geringem Mehraufwand problemlos von erweitert beschränkt Steuerpflichtigen eingesetzt werden – sofern denn überhaupt deutsche Kunden bestehen.
- Nicht steuerpflichtig: Dein gewöhnlicher Aufenthalt und Deine Einkünfte (z.B. Gewerbe, Kapitaleinkünfte oder Mieteinnahmen) sind nicht in Deutschland. Da Du weder unbeschränkt noch beschränkt steuerpflichtig bist, bist Du im Umkehrschluss nicht steuerpflichtig. Die Vermeidung des Lebensmittelpunktes ist Dein Schlüssel dazu.
Mit der 183 Tage Regelung kannst Du so Deiner Steuerpflicht entkommen, falls Du Dich weniger als ein halbes Jahr in Deutschland aufhältst und Du nachweislich keinen Lebensmittelpunkt dort hast.
Innerhalb der EU gibt es die sogenannte „Meldepflicht“ nach 3 Monaten Aufenthalt im Lande. Das gilt nur für die Menschen, die dort dauerhaft leben wollen (Du ziehst z.B. von Deutschland nach Belgien). Wenn Du dennoch innerhalb eines halbes Jahres wieder abreist, wirst Du kein Problem mit der Steuerpflicht (oder Schulpflicht) haben. Du kannst diese Meldepflicht ignorieren sofern Du nach spätestens 6 Monaten das Land wieder verlässt.
Wir empfehlen, die Gesetze aller Länder, wo Du hinfliegst, zu überprüfen und die möglichen Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) zu verstehen. Die DBAs können nur genutzt werden, wenn ein Steuerzertifikat vorliegt. Jeglichen Antrag auf Entlastung von Quellensteuern muss ein solches Zertifikat beigelegt werden.
Maßgeblich ist hier auch der Steuerwohnsitz und potentielle Abschirmwirkung durch Doppelbesteuerungsabkommen. In EU-Mitgliedsstaaten und vielen Hochsteuerländern schützt das DBA vor der Unterstellung einer deutschen Steuerpflicht über die Wohnung solange eine Hauptwohnung und überwiegender Aufenthalt in diesem Staat besteht. Oft muss das Recht auf eine deutsche Wohnung jedoch vor Finanzgerichten durchgeklagt werden. Wir empfehlen deshalb immer verfügbare Wohnungen in Deutschland auf alle Fälle zu vermeiden. Es gibt genug Möglichkeiten diese auf Vertrauenspersonen laufen zu lassen.
Wer längerfristig noch die eigene Wohnung in Deutschland bis zu einem halben Jahr nutzen will, sollte einen tatsächlichen Steuerwohnsitz in einem DBA-Land dem Perpetual Traveling vorziehen. EU-Steueroasen wie Zypern, Portugal oder Irland bieten sich dafür an. Selbst dann ist aber mit Problemen zu rechnen, die wahrscheinlich vor Gericht positiv enden. Maßgeblich ist der hier erklärte Tie Breaker Test.
Compliance-Wohnsitze und Steuerwohnsitze
Wir möchten das so granular wie möglich erklären, weil wir wissen, wie viele Frage zu dem Thema kommen.
Als deutscher Staatsbürger brauchst Du kein Steuerzertifikat nachweisen, um ordentlich Deine Abmeldung durchzuführen. Es macht allerdings Sinn, sich ein Steuerzertifikat zu besorgen, wenn Du Dich etwa aus Arbeitsgründen noch verstärkt in Deutschland aufhalten willst oder gar eine Wohnung behalten willst (DBA-Land)
Ein dauerhafter Aufenthaltsstatus ist nur dann ein Schutz, wenn der Lebensmittelpunkt im Land des Aufenthaltsstatus besteht, im Zweifel durch ein Steuerzertifikat belegt wird und ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht
Wir beschäftigen uns täglich mit dieser Herausforderung aller Auswanderer, Perpetual Traveler, Wohnsitzlosen und Digitalen Nomaden: das Besorgen einer neuen Verbrauchsrechnung und einer Steuernummer nach der Abmeldung.
Warum ist dies relevant? Weil man sich nicht einfach komplett aus allen Systemen abschaffen kann – nur zu einem gewissen Teil, z.B. wenn man weniger oder keine Steuern mehr zahlt. Aber man kommt nicht um einige bürokratischen Angelegenheiten und staatlichen Belange herum. Irgendwann wirst Du gefragt, wo Du wirklich „wohnst“ oder Du musst Wohnsitznachweise nachreichen, sei es um ein Bankkonto zu eröffnen oder einen neuen Reisepass zu beantragen (ohne den kannst Du ja wirklich nichts tun!).
Um diese Thematik zu klären muss jeder mittelfristig ein Compliance-Setup schaffen. Etwa indem Du eine Wohnung mietest oder eine Rechnung auf Deinen Namen bei Freunden umschreiben lässt (z.B. eine Internetleitung in die Wohnung einer Vertrauensperson legen). Diese Aufgabe kann Dir (fast) NIEMAND abnehmen (auch wir nicht). Nur wenige Dienstleister gehen das hohe Risiko ein Dir eine Domiziladresse mit Utility Bills zu besorgen, da sie damit sofort in der Beihilfe zu Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung etc sind wenn diese Scheinadresse missbraucht wird. Am besten wirst Du hier selbst über Vertrauenspersonen tätig, wenn Du keine tatsächliche Wohnung am Bein haben willst.
Finanzinstitutionen weltweit werden dabei zunehmend strenger unter steigenden Regulierungsdruck. In vielen Fällen ist weiterhin eine Verbrauchsrechnung (Strom, Wasser, Gas, Festnetz, Internetleitung) das einzige nötige Dokument. Während Mobilfunk-Verträge nicht akzeptabel sind, akzeptieren vor allem FinTechs und Broker oft auch Kontenauszüge, Kreditkartenabrechnungen oder andere Dokumente mit Address-Angabe.
Zunehmend verlangen viele Institute aber eine Steuernummer aus dem gleichen Land wie die Verbrauchsrechnung als weitere Bestätigung des Steuerwohnsitzes. Dabei lösen weder Verbrauchsrechnung noch Steuernummer zwingend einen Steuerwohnsitz aus. Die Abfrage von weiteren Beweisen wie einer Aufenthaltsgenehmigung/Personalausweis ist aktuell noch nicht gängig, aber in den nächsten Jahren durchaus realistisch. Selbst diese führt aber ja nicht zwingend zur Steuerpflicht.
Das langfristig beste Setup, was Staatenlos-Gründer Christoph auch selber praktiziert, ist sich mehrere Compliance-Wohnsitze auf der Welt zu schaffen. Die beste Strategie dabei ist sich beschränkt steuerpflichtige Mieteinkünfte über Immobilienbesitz- oder auch -miete zu schaffen. Durch die Wohnung ergeben sich alle Utility Bills, durch die Vermietung auch ein tatsächlicher Verbrauch. Da die Mieteinkünfte steuerpflichtig sind führen sie zu einer Steuernummer und Steuererklärung. Versteuert werden aber rein die Mieterträge im entsprechenden Land. Je nach Land kann es durchaus Sinn machen noch eine Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Gerade bei Immobilienkauf ab bestimmten Summen ist ein Investor-Visum ohnehin möglich.
Eine gute Strategie ist praktisch zwei Schein-Wohnsitze zu haben: einen innerhalb der EU (für bspw. Bankkonten und Broker) und einen außerhalb der EU (für z.B. Krypto) aus regulatorischen Gründen. Mittlerweile sind ja einschneidende Krypto-Regulationen in der EU bekannt geworden. Ein Wohnsitz in der EU wird meistens nicht mit Geldwäsche assoziiert oder steht nicht unter Bedrohung einer Einstufung in eine Blacklist. Angenommen Du hast einen Wohnsitz und eine Wohnung in Dubai (wie unsere Teamkollegin Juliana) und Du änderst Deine Adresse überall (Brokerkonto, Wise Konto), besteht die Gefahr, dass sie Dich rausschmeißen oder Deinen Zugriff auf Deine Konten verweigern, weil Du eben in einem „nicht authorisierten Land“ wohnst.
Die Vereinigten Arabischen Emirate wurden etwa vor wenigen Wochen auf die Schwarze Geldwäsche-Liste der EU gesetzt. Dies führt zur Weigerung vieler europäischer Banken ein- und ausgehende Zahlungen nach etwa Dubai vorzunehmen bzw. wenn doch eine stark steigende Compliance
Deswegen ist ein Compliance-Wohnsitz von größter Bedeutung. Dieser soll aber keine Steuerpflicht auslösen, weil Du Dich in diesen Länder „nicht anmeldest“. Von daher ist ein Compliance Wohnsitz mit einer Steuernummer verbunden (bei Permanent Residencies in Panama oder Paraguay ist die Nummer auf dem Ausweis oder Residency Visa in Dubai ist die EmiratesID).
Man muss immer zwischen den Zeilen lesen und verstehen, dass eine Steuernummer/SteuerID und eine Wohnung nicht immer zu einem Steuerwohnsitz führen. Wenn Du mehr erfahren willst, wie die Systeme funktionieren und sie zu Deinen Gunsten nutzen kannst, melde Dich bei uns. Weltweit weiss wohl niemand besser als wir Bescheid, wie Du als Perpetual Traveller voll compliant sein kannst ohne die Vorteile diesen Lebensstils zu verlieren.
Oft behaupten Kanzleien, die eine Einwanderung in Länder mit schnellen Steuerzertifikat vermarkten (wie Zypern), dass ein Steuerzertifikat immer Voraussetzung zu einer erneuten Anmeldung in oder gar zur Abmeldung aus Deutschland sei. Das ist aber eine eigennützige Lüge um den im Vergleich zum Perpetual Traveling unattraktiven eigenen Standort aufzuwerten. Ein Steuerzertifikat kann für gewisse Sachverhalte sinnvoll oder sogar notwendig sein, ist es aber nicht für Jedermann. Auch Zypern ist für einige Sachverhalte die beste Lösung weltweit, für viele aber ein teurer und unflexibler Overkill. Nimm unsere kostenlose Voice Messenger Beratung in Anspruch wenn Du Dir nicht sicher bist ob Du dazu gehörst!
Steuerzertifikate überall
Nicht immer ist ein Steuerwohnsitz oder „ansässig“ in einem System zu sein schlecht. Du musst nach den richtigen Steuerzertifikaten streben. Idealerweise zahlst Du keine Steuern, hast aber ein Doppelbesteuerungsabkommen mit deinem Zielland. Dies ist in mehr Ländern auf der Welt möglich als Du wahrscheinlich denkst.
Ein Steuerzertifikat ist für DACH-Bürger bis auf die Raus- und Rückkehr-Thematik in der Regel aber nur für die Nutzung von Doppelbesteuerungsabkommen erforderlich. Da diese auch auf Firmenebene genutzt werden können, wo statt Aufenthalt lediglich eine ordentliche Betriebstätte nötig ist, hat das Thema für die meisten Auswanderer keine Relevanz. Wichtig ist ein Steuerzertifikat als Privatperson in der Regel für Privatiers mit Fokus auf Dividenden-Aktien oder Zinseinkünften, da hier Quellensteuer eingespart werden kann. Eine ausführliche Auflistung dieser Länder gibt es in diesem Artikel. Hier wollen wir nur einige beliebte Optionen herausstellen, in denen der Steuerwohnsitz nicht ein halbes Jahr Anwesenheit erfordert, gleichzeitig aber diverse DBA bestehen.
Paraguay: Über Paraguay haben wir hier im Blog bereits viel berichtet (hier, hier und hier). Sobald Deine Aufenthaltsgenehmigung (Residency) vorliegt, kannst Du Deine Steuernummer Registro Único del Contribuyente (RUC) beantragen. Du bist in Paraguay als ansässig gesehen, wenn Du über 120 Tage am Stück im Jahr im Land verbringst. Das ist also 63 Tage weniger als in den meisten anderen Länder. Paraguay hat allerdings fast keine Doppelbesteuerungsabkommen, was die Sinnhaftigkeit stark eingeschränkt.
Panama: im schönen Panama gilt die 183-Tage-Regel. Laut lokalem Richtlinien führt bereits eine Permanent Residency zum Steuerwohnsitz; dies wird von den meisten Ländern aber nicht anerkannt ohne entsprechenden Aufenthalt. Panama hat eine für eine Steueroase überraschend hohe Zahl an Doppelbesteuerungsabkommen, aber nicht mit dem DACH-Raum.
Zypern: Zypern bleibt einer der attraktivsten Wohnsitze in der Europäischen Union und das Steuerzertifikat kann nach 60 Tage Aufenthalt beantragt werden. Dazu sind aber eine Reihe von Bedingungen wie die Gründung einer lokalen Firma, Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und ein maximaler Aufenthalt von 183 Tagen in anderen Ländern notwendig. Zypern hat die besten Doppelbesteuerungsabkommen der Welt.
Malta: 3 Monate durchgängige Anwesenheit um sich anmelden zu dürfen. Der reguläre Non-Dom-Status erfordert 183 Tage Mindestaufenthalt. Der HNWI-Sonderstatus für EU-Bürger reduziert den Mindestaufenthalt auf 90 Tage, dafür ist aber eine jährliche Pauschalsteuer von 20.000€ fällig und es muss eine Wohnung im Wert von 350.000€ existieren oder für 20.000€+ im Jahr gemietet werden. Über 10.000€ an Antragsgebühren und Anwaltskosten fallen zudem an. Für Rentner gibt es vereinfachte Bedingungen, mit nur 7500€ Pauschalsteuer ist das Regime dann durchaus attraktiv und vielen unbekannt. Betriebsrenten können in Malta steuerfrei ausgezahlt werden da das DBA den deutschen Besteuerungsanspruch aushebelt.
Portugal: hier gilt ebenfalls die 183-Tage-Regel (Wirf einen Blick auf das NHR-Programm) um ein Steuerzertifikat zu bekommen, auch wenn ein Steuerwohnsitz bereits durch eine verfügbare Wohnung ausgelöst werden kann. Nochmals: Steuerwohnsitz und Steuerzertifikat sind unterschiedliche Dinge und man kann das erstere haben, das zweite aber nicht bekommen
Irland: Wenn Du Dich in einem Jahr 183 Tage oder mehr in Irland aufhältst, oder 280 Tage oder mehr in diesem und dem vorangegangenen Jahr zusammen, giltst Du als Steuerpflichtiger. Langfristig reichen also 3 1/2 Monate im Jahr aus um ein Steuerzertifikat zu besitzen.
Georgien: Georgien hat vor kurzem seinen HNWI-Status geändert. Bisher musste man 3 Jahre lang ein Einkommen vonb 80.000€ oder ein Mindestvermögen weltweit von 1 Million € vorweisen um ohne Mindestaufenthalt ein Steuerzertifikat zu bekommen. Zusätzlich mussten mindestens 12.000€ aus lokalen Quellen generiert werden (etwa Mieteinkünfte oder Landwirtschaftseinkünfte). Das Programm ist nun nur noch nutzbar, wenn sich 500.000 USD+ in einer georgischen Finanzinstitution befinden. Als Territorialsteuerland mit vielen DBAs ist Georgien aber durchaus attraktiv für alle, die diese Bedingungen erfüllen können.
Dubai/VAE: Die Regierung der Emiraten hat kürzlich einen Kabinettsbeschluss erlassen, in dem die Richtlinien zur Bestimmung der steuerlichen Ansässigkeit von natürlichen und juristischen Personen in den VAE festgelegt sind. Vorher gab es keine gesetzliche Definition dafür, in der Regel wurden 183 Tage und Wohnung verlagt. Ab 01.03.2023 kann man bereits nach 90 Tagen Aufenthalt (anstatt 183) ein Steuerzertifikat bekommen, solange eine Aufenthaltsgenehmigung vorliegt. Sogar bereits ein langfristiger Mietvertrag ohne Aufenthalt (Einreise alle 180 Tage aus aufenthaltsrechtlichen Gründen nötig) soll einen in die Lage versetzen ein Zertifikat zu bekommen. Dies gilt aber erst ab 2024. Hier erfährst Du, wie Du Deine Firma mit uns gründen kannst.
Anwendungsbeispiel: Compliance-Setup in Spanien
–> Warum ein Steuerzertifikat in Spanien Sinn macht? Weil es innerhalb der EU ist und das Land nicht mit Geldwäsche oder Steuerkriminalität assoziiert wird. Plus ist das Land ein Augenschmaus für die Deutschen 🙂
Spanien zielt zum Beispiel nie auf die langfristige Verfügbarkeit einer Wohnung ab, während dies der Hauptgrund für einen Lebensmittelpunkt in Deutschland ist. In Spanien kann man problemlos ganzjährig eine Ferienwohnung, ob gemietet oder gekauft, besitzen, solange man sie unter 182 Tagen bewohnt. Das macht Spanien zu einem beliebten und guten Schein- oder Compliance-Wohnsitz.
Spanien ist in vielen Belangen noch bürokratischer und „weiter“ Richtung Überwachungsstaat als Deutschland. Allerdings löst, im Gegensatz zu Deutschland, eine Wohnung in Spanien nie die Steuerpflicht aus.
Die NIE ist eine dieser bürokratischen Restriktionen. Für viele Geschäfte und Behördenakten wird eine Identifikationsnummer gebraucht. Für Spanier ist es die Nummer auf dem Personalausweis oder die Steuernummer. Für Ausländer gibt es die NIE. Das ist eine Abkürzung für Número de Identidad de Extranjero und heißt Identifikationsnummer für Ausländer.
Wer also ein Auto oder ein Haus kaufen will oder auch „nur“ online etwas bestellen möchte, braucht eine NIE. Alle lebensnotwendigen Sachen wie Strom/Wasser, Wohnungskosten oder Handyvertrag kann man nur mit einer NIE abschließen.
Es gibt einen großen Markt an Agenturen, die für Dich die NIE beantragen. Diese mehrere hundert Euro kann man sich natürlich auch sparen, wenn man es selbst macht.
Anbei eine Schilderung eines Staatenlos-Community Mitglieds, die sich auf auf die Provinz Islas Baleares bezieht – ähnlich mit unserem Artikel zur Beantragung der Aufenthaltsgenehmigung in Paraguay:
Die NIE kann in der lokalen Ausländerbehörde oder bei der Policia nacional beantragt werden.
Einen Termin hierfür ist etwas schwer zu bekommen und in der Regel mit mehreren Wochen Wartezeit verbunden. Wir hatten Glück und haben über das Buchungs-Portal der Verwaltung online einen kurzfristigen Termin bekommen.
Nachdem wir in einer langen Schlange mit ebenso langer Wartezeit endlich bei der Ausländerbehörde an die Reihe kamen, offenbarte sich ein weiteres Problem der spanischen „Regulierungwut“. Unser Termin war nicht im System. Laut Aussage der Mitarbeiterin hätten wir eine Bestätigung per Mail oder SMS bekommen sollen. Das Problem mit der SMS ist, dass die IT Systeme nur die spanischen Telefonnummer unterstützen. Deutsche Nummern werden meist einfach in der Länge abgeschnitten – und dann ist man natürlich nicht erreichbar – weder für eine Bestätigungs-SMS noch für den Paket-Lieferanten, der nach der Wegebeschreibung fragen will.
Eine spanische Handynummer (Vertrag oder Pre-Paid) bekommt man aber nur mit NIE. Einer der Zirkelschlüssel: Gleichzeitig zeigte sich dann aber auch die spanische Gelassenheit. Wir wurden einfach nach kurzer Wartezeit dennoch angehört und unser Anliegen bearbeitet. Für die NIE benötigten wir nur unseren Personalausweis und das ausgefüllte Formular „Solicitud de NIE (Ex-15)“.
Um die NIE zu bekommen muss man einen Nachweis über die Zahlung der Gebühr (aktuell 9,84 €) mitbringen. Hierfür ist das Formular Impreso Tasa Modelo 790 Código 012 auszufüllen und einen Nachweis über die Zahlung der Gebühr mitzubringen.
Die Gebühr muss per Einzahlung bei einer spanischen Bank getätigt werden. (heute soll es wohl auch über IBAN Lastschrift gehen). Hierbei bieten die Banken meist nur für ihre Kunden den Service an. Allerdings kann man erst ein Konto eröffnen, wenn man eine NIE hat. Wieder ein Irrsinn in der spanischen Bürokratie.
Am Bankautomat wird der Barcode auf dem Zahlungsformular eingescannt und dann per EC-Karte das Geld bezahlt. Nach Ausprobieren verschiedenster Banken haben wir bei der Caixa Bank (etwa so wie eine Sparkasse) erfolgt gehabt.
Beim Bezahlprozess am Automaten wurden dabei wieder verschiedene Daten abgefragt, unter anderem auch die NIE. Kurzum: Für die Bezahlung der NIE wird eine NIE benötigt!
Man benötigt ein lokales Bankkonto auf seinen Namen in Deutschland, um die Miete/Kaution einer Mietwohnung zu bezahlen. Das Bankkonto bekommt man nur, wenn man eine offizielle Anmeldung in einer bereits gemieteten Mietwohnung nachreicht. Solche Teufelskreise erleben nur Ausländer :‘-D
Glücklicherweise wird nicht auf die tatsächliche NIE geprüft sondern nur, ob die eingegeben Nummer den formalen Anforderungen genügt. Nach kurzem Googlen haben wir eine Dummy Nummer eingetragen, konnten die Bezahlung abschließen und haben die Quittung bekommen.
Diese haben wir direkt bei der Beantragung der NIE im Ausländeramt mitgebracht. So konnten wir uns einen zweiten Besuch zur Abholung der NIE sparen und haben die NIE direkt ausgehändigt bekommen.
Diese Listen musst Du kennen!
Vielleicht kennen einige von euch die Schwarze Liste und die Graue Liste der EU. Vielleicht wurden diese Listen durch den Erfolg von Offshore-Firmen berühmt – die vielen Menschen auf der ganzen Welt auf legale Weise geholfen haben, sich vor der Enteignung von Privateigentum durch Besteuerung von Regierungen zu schützen.
Wir haben bereits Artikel über Informationsaustausch geschrieben (FATCA, TIEAs, Außensteuergesetzte), die Du unbedingt kennenlernen oder nachlesen solltest, wenn Du Dein internationales Setup zusammenstellst. Jetzt wollen wir Dir weitere Listen vorstellen. Du solltest aufpassen dass dein Compliance-Setup nicht in einem Land auf einer solchen Liste liegt, da dies mit schwerwiegenden Nachteilen einher gehen kann. Hier beschreiben wir etwa was bei Wohnsitz in Ländern auf der Schwarzen Liste der EU über Steueroasen passieren kann.
Je nach deinem persönlichen und geschäftlichen Schwerpunkt musst Du zwischen den Listen von verschiedenen Gebieten wie USA und EU aber unterscheiden. Beispielsweise ist Panama auf der Schwarzen Liste der EU, hat aber keinerlei Probleme mit den USA. Umgekehrt ist Nicaragua für die EU relativ sauber, aber von den USA mit Sanktionen belegt.
Nur ein Kommentar vorweg: Regierungen untermauern diese Listen immer mit dem Argument, dass sie Geldwäsche, Korruption und Steuerdelikte verhindern sollen. Natürlich gibt es böswillige Menschen auf der Welt – Menschen, die Deine Ehrlichkeit und Deinen guten Willen zu ihrem eigenen Vorteil nutzen wollen. Aber diese Überwachung und Klassifizierung der Länder macht allen anderen das Leben nur noch schwerer, schließlich wollen wir nur das schützen, was uns gehört. Wir wollen, dass unser Bruttogehalt unser Nettogehalt ist. Wir wollen selbst entscheiden, wofür wir unser hart verdientes Geld ausgeben und es nicht jeden Monat zur Hälfte konfisziert bekommen zu Ausgaben, denen wir nie zugestimmt haben oder nicht brauchen.
FATF – Financial Action Task Force: in 1989 auf dem G7-Gipfel in Paris gegründet für die Bekämpfung der Geldwäsche. Hier sind die Länder, die sie gerade überwachen. Ihre „Empfehlungen“ sind hier zu finden. Auf der Blacklist sind aktuell nur Iran, Nordkorea und Myanmar zu finden.
EU Money Laundering Black List: übernimmt grundsätzlich die FATF-Empfehlungen, übt aber gerne aus politischen Gründen Druck mit einem Blacklisting aus. So sind die VAE auf der FATF nur greylisted, in der EU aber blacklisted
OECD’s List of Unco-operative Tax Havens: „Verpflichtungen zu Transparenz und effektivem Informationsaustausch“.
EUs nicht-kooperative Länder (das Äquivalent zu der schwarzen Liste) und die EU Graue Liste: Anbei ein Überblick (Oktober 2022)
Sanktionen von USA: US-Sanktionsvorschriften erfassen auch Exporte außerhalb des US-Territoriums.
Darüber hinaus solltest Du bei der Wahl Deines Wohnsitzes auch berücksichtigen, wie die Banken die Länder in Bezug auf das Kredit-, Zins-, Liquiditäts-, Preis-, Betriebs-, Compliance-Risiko usw. einstufen. Einen vollständigen Bericht darüber findest Du hier.
Das heißt: Du kannst zwar durchaus in Ländern auf dieser Liste leben oder eine Aufenthaltsgenehmigung haben, solltest Dir zur Vermeidung persönlicher Nachteile aber lieber noch ein Compliance-Setup in einem „sauberen Land“ besorgen
Wähle Deine Wohnsitze, Steuerwohnsitze und natürlich auch alle anderen Flaggen, über die wir hier bei Staatenlos sprechen, mit Bedacht. Es ist nie zu spät, sich vor dem zu schützen, was „kommen könnte“. Ein Setup mit mehreren Scheinwohnsitzen und Aufenthaltsgenehmigungen auf der Welt ist der Schlüssel dazu. Vielen täte es aber gut zumindest einen Scheinwohnsitz mal umzusetzen. Dieser Artikel gibt Dir das Handwerkszeug dazu – und für alles andere sind wir gerne für Dich da!
Wenn Du jetzt Dein Leben als Perpetual Traveler anfangen willst, oder kurz davor bist, orientiere Dich an unserer PT Challenge. Da findest Du alles, um startklar zu sein. Für eine umfänglichen, vertiefenden Ansatz empfehlen wir Dir unseren Videokurs „Staatenlos Geheimwissen“.
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